Harlekingarnelen im Riffaquarium
ein Haltungsbericht von Christian Trägler
 
Ich möchte hier gerne meine Erfahrungen zu Harlekingarnelen (Hymenocera picta und H. elegans) mitteilen, aber vor allem was nötig ist um die Garnelen über einen längeren Zeitraum im Aquarium zu pflegen. Mittlerweile bekomme ich viele Anfragen diverser User des Meerwasserforum wie auch von vielen anderen Aquarianern. Ich hoffe der Bericht trägt ein bißchen dazu bei das Leben und Verhalten dieser so wunderschönen und eleganten "Ritter des Meeres" allen Lesern etwas näher zu bringen.
Mein Interesse für die Tiere wurde, wie wahrscheinlich bei so vielen Aquarianern, geweckt als ich eine Plage der kleinen weissen Seesterne in meinem Becken hatte. Diese vermehrten sich so schnell das ich trotz täglichen absaugen u. einsammeln der Plage einfach nicht her wurde. Bei einer massiven Vermehrung, die zum Glück eher selten der Fall ist,  können unter umständen Korallen der Gattung Seriatopora, Stylophora und Poccilopora befallen werden.
Also musste ein natürlicher Fressfeind gefunden werden. Vor Jahren war die Garnele nur äusserst selten im Handel. Doch eines Tages hatte ich Glück. Ich sah ein wunderschönes Exemplar bei meinem Händler. 
Alleine das graziöse Gehabe dieser Garnele und Ihr ständiges putzen mit Ihren seltsam geformten Scheren faszinierte mich unglaublich. Also kaufte ich das Exemplar. Es handelte sich hierbei um Hymenocera picta. Als ich die Garnele ins Becken setzte und die üblichen Orientierungs Schwierigkeiten recht schnell weg waren, begann die Garnele sofort gezielt mit der Nahrungsaufnahme. Zielsicher schnappte Sie sich einen kleinen Seestern nach dem anderen. Die Bewegungen sind dabei immer elegant, was mich unglaublich faszinierte. Da ich mehr wissen wollte über diese Tiere habe ich mich mit Dr. Dieter Brockmann, der auch als fachlicher Berater der Zeitschrift "das Aquarium" tätig ist, in Verbindung gesetzt. Dieser war auch sehr angetan von diesen Tieren und gab mir allerlei Tips wie ich die Garnele vernünftig halten kann. 
Als erstes und das finde ich das wichtigste - man sollte sie nur als Pärchen halten. Warum, folgt später im Beitrag.

Also wieder zum Händler und ein Männchen gekauft. Es war viel kleiner als das Weibchen und deshalb gut zu unterscheiden. Anders als bei anderen Garnelen bemerkte das Männchen das Weibchen, besser das Männchen roch das Weibchen ! Er und Sie waren ganz aufgeregt schon kurz nach dem einsetzten des Männchens. Als die beiden sich gefunden haben waren Sie auch schon sehr verliebt und verstanden sich prächtig. Sie waren richtig zärtlich zueinander. Irgendwann jedoch und das ging bei mir sehr schnell waren die kleinen Seesterne alle verputzt. Als kein Seestern mehr vorhanden war wanderten beide den ganzen Tag nervös durch das Becken auf der Suche nach Futter.

Also versuchte ich erst mal die "sanfte" Methode. Ich besorgte mir eingefrorene tote Seesterne wie zum Beispiel Archaster angulatus  und Linckia laevigata (der Blaue). Wobei ich dann immer ein Stück mit dem Messer abtrennte und dann auftaute und den Garnelen mit der Futterzange reichte. Doch es geschah etwas seltsames. Nach 2 Woche wurden die Stücke nicht mehr gefressen und lagen teilweise noch ganz im Aquarium. Was das Wasser natürlich belastete. Nun musste ich doch zur für mich sehr harten Methode greifen und Ihnen einen lebenden Seestern besorgen. Also kaufte ich einen recht grossen Blauen. Ich gab ihn in das Becken und die Tiere reagierten sofort. Sie rochen Ihn innerhalb weniger Minuten.
 
Da ich ein Paar pflegte wurde mir auch jetzt  klar warum dies unbedingt notwendig ist.  Zielstrebig fanden Sie den Seestern. Dann begann das unglaubliche wenn auch brutale aber faszinierende Schauspiel. Der Seestern wurde erst mal oberflächig auf kleinste Wunden untersucht. Als keine gefunden wurden musste man die Taktik ändern. Die beiden Garnelen vergaßen komplett Ihre Umgebung und konzentrierten sich nur auf den Seestern. Ausser es kam ein Fisch zu nahe, egal wie gross - es wurde kurz mit Ihren grossen Scheren gefuchtelt und weg war der Störenfried. Das Männchen hebelte förmlich so lange an dem im Verhältnis riesigen Seestern bis dieser die Kraft verlor und einen Arm anhob.

Dann drehten beide im Teamwork den Seestern auf den Rücken um an die weiche Unterseite zu kommen (man muss sich das mal vorstellen welche Kraft und Ausdauer dazu nötig ist den Seesterne haben ja unendlich viele Saugfüße mit denen Sie sich ganz schön stark auf Ihren Untergrund saugen können). Sie transportierten dann den riesen Seestern unter unglaublichen Anstrengungen zu Ihrer Wohnhöhle. Durch das ganze Becken über alle Hindernisse einfach unglaublich!!! Die Wohnhöhle war am einen der Seestern am anderen Ende des Aquariums. Immer wieder klammerte sich der Seestern fest aber irgendwann ging Ihm die Kraft aus. Ich saß einerseits mitleidig mit dem Seestern andererseits mit offenem Mund über dieses unglaubliche und einzigartige Schauspiel und Teamwork der beiden Tiere vor meinem Aquarium. Als Sie es geschafft haben begannen Sie sofort mit der Nahrungsaufnahme.

Der Seestern wird lebendig verspeist er lebt bis zu letzt das habe ich selbst gesehen. Das dauert so 1 Woche. Das hört sich grausam an ist auch grausam zu sehen. Aber dafür sind die Tiere nun mal gemacht. Man sieht Sie dann erst wieder wenn Sie Hunger haben.

So konnte ich Sie dann auch optimal über 2 Jahre am Leben halten. Ich gab Sie dann aber leider her weil ich denke:

1. Zu brutal für mich auf Dauer wenn auch natürlich.
2. Mit der Zeit nicht billig (So ein Seestern ist recht teuer und nicht immer verfügbar) und Sie Essen schon gerne 2  lebende Seesterne im Monat dann geben Sie Ruhe.
3. Ich denke die Tiere sind nur was für ein  Artenbecken. Sie sind einfach absolute Nahrungsspezialisten die nur lebendiges Futter nehmen. Und nur als Pärchen zu halten sind!!
 

Leider werden die Tiere immer wieder als Polizei eingesetzt wenn man diese kleinen weissen Seesterne im Becken hat u. die zur Plage werden. Deswegen habe ich Sie mir damals auch geholt. Aber die Putzen die kleinen Seesterne irgendwann weg und dann?? Denn die haben richtig Kohldampf. Ausserdem treffen Sie in der Natur hauptsächlich auf grosse Seesternarten.

Schlangensterne rühren Sie meiner Erfahrung  nach nicht an. Sie laufen sogar drüber weg.
Auch manche Seesterne z.B. Fromia nodosa ( Maledivischer Seestern ) schauen Sie auch nicht an so war es auf jeden fall in meinem Becken. Am besten man reicht Ihnen Linckia  Arten die werden äusserst gern gefressen. Wie Robert Baur und Manuela Kruppas bereits berichteten werden aber auch die Saugfüsschen von Seeigeln gefressen!

Ich finde diese Garnelen sind einer der faszinierenden Tiere die ich jemals beobachten durfte und das Schauspiel so brutal wie es auch aussieht ist einmalig wenn man beobachten kann wie diese kleinen feinen Tiere diesen riesen Seestern zur Strecke bringen und die Art der Zusammenarbeit ist wahrscheinlich einzigartig!

Ich hoffe mit diesem Beitrag ein bißchen diese faszinierenden Garnelen und vor allem Ihr aussergewöhnliches Verhalten dem Leser näher gebracht zu haben. Und ich hoffe natürlich das ich den Lesern die sich diese Tiere halten wollen ein bißchen helfen konnte.

Ich danke Hr. Dr. Dieter Brockmann der mir damals, trotz enormen Arbeitsstress, viele Tips gegeben hat. Ein kleiner Beitrag zu dem Thema wurde von mir schon in "das Aquarium" veröffentlicht.

Zum nachlesen empfehle ich das Buch "Gepanzerte Meeresritter" von Helmut Debelius.

Christian Trägler

Als Tip gebe ich Ihnen noch gerne diesen Link mit auf dem Weg, dort fand ich die schönsten Fotos über die von mir beschriebene Garnele: http://www.edge-of-reef.com/macruri/MACHymenoceraelegansen.htm
 



(c) Text by Christian Trägler,
(c) Fotos by Klaus Schatz, Manuela Kruppas (Quelle www.Meerwasser-Lexikon.de)
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