Vor einigen Tagen kam im Fernsehen auf SAT 1 ein Bericht der Sendung Akte 05. Es ging dort um die Giftigkeit von Krustenanemonen. Um sich ein besseres Bild zu machen geben wir Ihnen hiermit einen Link wo man sich diesen Bericht nochmals anschauen kann. http://sat1bericht.riffaquarien.net (Dauer ca. 9 Minuten) Ein großer Dank von unserer Seite an Thorsten Busse von Riffaquarium.net für die Aufbereitung des Files. :-)Der Bericht war an sich für uns nichts überraschendes da wir vorher davon informiert gewesen waren. Leider hatte sich die Sendung aber immer wieder verschoben. Seit einigen Monaten läuft dazu im Meerwasserforum eine Diskussion. Hinzu kommt, dass die Tatsache das Krusten der Gattung Palythoa und Protopalythoa giftig sind, den meisten lesenden und damit informierten Meerwasseraquarianern bekannt sein sollte. Das Neulinge das nicht wissen ist klar, aber das viele Langjährige Meerwasseraquarianer nun in Panik verfallen... können wir nicht ganz nachvollziehen. Man sieht halt mal wieder die Macht des Fernsehens.
Leider hat aber der Sender, meiner Ansicht nach das Thema nicht annähernd ausreichend recherchiert und so eher bei vielen nur Unsicherheit geschaffen. Ich für meinen Teil hätte mir gewünscht das man das Thema von allen Seiten beleuchtet anstatt den typischen Sensationsjournalismus über die Giftigkeit dieser Tiere zu betreiben. Leider kam der Fachhandel auch nicht sonderlich gut weg, da zwei von drei Befragten Händler aus Berlin den Hinweis mit der Giftigkeit schlichtweg nicht wussten oder nicht sagten wollten. Nummer 3 wusste wenigstens ein wenig was darüber.
Schade, das wirft leider kein gutes Licht auf die gesamte Zoobranche. Dabei gibt es genug Fachhändler die das wissen. Mit Michael Mrutzek stand SAT 1 doch ein echter "Parasitenexperte" zur Verfügung der ihnen ganz sicher auch das nötige erzählt hatte :-) Es ist halt wie so oft, Geschäfte gibt es genug, wirkliche Fachhändler gibt es nur wenige. Denn in einem hat das Fernsehen recht. Auch wenn die Thematik meiner Meinung nach übertrieben dargestellt worden ist, sollte ein Geschäft das solche Tiere verkauft dem Käufer diese Info mit auf dem Weg geben. Wissen erlangt man aber nur wenn man lernt. Leider tun das nicht alle Geschäft in ausreichendem Maße. So stelle das Fernsehen den Fachhandel wieder mal als echt unwissend hin, was mir aber nur teilweise erscheint.
Diese Krusten lösten alles aus... (Bild by Friedrich Gillhaus und Michael Mrutzek)Auch hätte sich der Redakteur der Sendung selber etwas besser informieren können. Nicht nur in unserem Nachschlagewerk sind seit Jahren die deutlichen Hinweise auf das Palytoxin in Krustenanemonen zu finden. Ich habe auch in anderen Lexika geschaut. Auch dort fanden sich unter den Krustenanemonen deutliche Hinweise auf die mögliche Giftigkeit von Krustenanemonen der Gattung Palythoa. Und das nicht erst seit der Sendung oder durch bekannt werden des Falles von Friedrich Gillhaus in unserem Forum.
Am Tag nach der Sendung kamen nicht gerade wenige Anrufe bei etlichen Fachgeschäften aus unseren schönen "Deutschen Landen". Einige davon wieder herum kontaktierten mich, teils weil sie amüsiert oder auch nur genervt waren. Bei allen Fachgeschäften lautete der Tenor das bei allen Anrufern eine große Verunsicherung eingetreten war. So war die Verwirrung perfekt ! Vor allem hat man wieder alle Krustenanemonen in einen Topf geworfen.
Aber nicht alle sind so giftig. Und selbst bei den Giftigen Arten wird man es in den seltensten Fällen überhaupt merken.
Auch mich erreichten seit der Sendung einige Mails mit der immer wieder kehrenden Frage was man nun tun soll. So komme ich nicht umhin, einen kleinen Artikel darüber zu machen der hoffentlich dem einen oder anderen nun bei seiner Entscheidung hilft. Wir hoffen das wir dadurch ein wenig die aufkommende Panik regulieren können. Ich verurteile nicht den Bericht als solches, sondern die Art und Weise wie man es gemacht hat. Man hat weder aufgeführt welche Arten giftig sind, und welche nicht. Noch hat man daran gedacht darauf hingewiesen das die Aquaristik schon seit langen Jahren Krustenanemonen hält ohne Vorkommnisse dieser Art. Sensationshascherei wäre für meine Begriffe das richtige Wort, wenigstens Stellenweise kam es mir so vor. Seriös wäre gewesen, wenn man in dem Aquarienwasser so hohe Konzentrationen gefunden hätte, dass ein Austrag über Aerosolbildung und ein Einatmen dieser Aerosole zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Das aber haben sie nicht gemacht. Stattdessen wird extra aus USA Palytoxin geholt um die Giftigkeit im Blut nach zu weisen, etwas was schon lange Zeit bekannt ist.
Krustenanemonen:
In dem nachfolgenden Link finden Sie die Rubrik Krustenanemonen im Lexikon.
Bei den dort aufgeführten Protopalythoa und Palythoa Arten kann man davon ausgehen das sie alle in der Lage sind das giftige Palytoxin zu produzieren. Sie sind wohl nicht nur in der Lage sondern tun das meist auch. Wir wissen bis heute nicht warum sie es mehr oder weniger deutlich tun. Man vermutet das eine Aminozugabe eine Produktion des Palytoxin verstärken kann was aber nicht erwiesen ist. Es scheint aber in der Tat einen Unterschied in der Giftigkeit selbst zu geben.
Um eines aber vorweg zu nehmen, ein so krasser Fall wie der von Friedrich Gillhaus ist mir in den ganzen Jahren noch nicht untergekommen. Klar gab es Fälle wo Aquarianer von tauben Fingern berichteten nach der Berührung mit Krustenanemonen, auch ist bekannt das Krustenanemonen in der Lage sind anderen Blumentieren durch das heran - und später - überwachsen zu verdrängen und zu töten. Das ist aber auch eine bekannte Vorgehensweise von vielen Korallen im Aquarium. Der Platz ist im Aquarium meist gering, so kämpft jeder um mehr Siedlungsplatz.
Das man aber ohne Kontakt zu den Krustenanemonen selber das Gift bemerkt ist denkbar selten. Dies beruht sicherlich auf der großen Menge der Krustenanemonen in dem Aquarium von Friedrich Gillhaus. So könnte man vermutlich durch eine Reduzierung der Menge an Krustenanemonen schon einiges erreichen.
Wir hatten vor ca. 2 Jahren auch einen ähnlichen Fall den ich hier schildern möchte. Unser Freund und gleichzeitig Forentierazt Harald war mit Sabine und Kindern bei uns zu Besuch. Da bei uns auch eine Kolonie Krustenanemonen Palythoa (siehe nachfolgendes Bild) eine Koralle der Gattung Acropora bedrängte, und die Gefahr bestand das wir die Acropora bald verlieren würden, bat ich Harald ein Skalpell mitzubringen, um die bedrohte Steinkoralle (SPS) davon zu befreien. Harald war so nett - wie immer - und half tatkräftig mit. Wir hoben den Stein aus dem Wasser und verbrachten ihn ins Freie. Dort auf einem Gartentisch wurde dafür gesorgt das die Korallen und Krustenanemonen mit einem Pumpsprüher dauernd benäßt wurden um sicher zu stellen das sie durch die längere Zeit an der Luft keinen Schaden davon trugen.
Nun schnitt Harald mit dem Skalpell die Krusten vom Stein herunter, wohl wissen das sie Giftig sind. Fast am Ende der Aktion spritze aber eine der Krustenanemonen durch ihren "Mund" und zwar so unglücklich das es Harald genau im Mund traf. Und das auf eine Entfernung von ca. 60 cm!
Er schluckte nichts davon, sondern spuckte sofort aus, und wusch sich dann nachfolgend den Mund aus. Es dauert nicht lange und Harald klagte über Unwohlsein und Kreislaufproblemen. Sichtlich blasser wurde er. Nun war guter Rat teuer da sich der Zustand von Harald nach und nach verschlechterte.Wir haben lange überlegt wenn wir denn anrufen würden, sollte sich der Zustand von Harald noch verschlimmern. Der Hausarzt hätte bestimmt nicht gewusst was zu tun sei. Ebenso vermutlich das Tropeninstitut. So machten wir gar nichts und warteten ab. Nach einigen Stunden besserte sich zudem Haralds Zustand aber schon wieder.
Trotz des Vorfalles halten wir auch heute noch einen kleinen Bestand dieser grünen Krustenanemonen Art. Warum sollte ich sie nun entsorgen? Sie tun ja nichts anders als da was die Natur ihnen vorgegeben hat. In kleinen Beständen wird man mit den Krustenanemonen kaum Probleme bekommen. Sollten sie sich so stark vermehren wie bei Friedrich Gillhaus beschrieben, sollte man sie reduzieren. Wir bei allen Monokulturen beeinflusst eine Tierart dann das ganze Beckenmilieu. Am besten ist schon beim einbringen darauf zu achten das sie sich nicht über das Gestein unkontrolliert vermehren können. Denn meist wachsen Krustenanemonen auch bei nicht ganz so optimalen Wasserwerten noch sehr gut. In aller Regel wird dann so ein Fall, dass das Gift über die Luft übertragen wird, nicht auftreten.
Bei den im Lexikon weiterhin aufgeführten Arten wie Zoanthus oder Parazoanthus muss man sich unserer Ansicht nach überhaupt keine Sorgen machen.
So kann man eigentlich nur hoffen das das Fernsehen für die Zukunft etwas mehr aus einer eigentlich sehr interessanten Sache macht. Mit Panik unter Aquarianern ist niemanden geholfen.
Mit salzigen Grüßen
Robert Baur-Kruppas
archiv.korallenriff.de (Oktober 2005)