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Der Supergau in unserem Aquarium durch Vibrionen
Es berichten Manuela und Robert
 

Teil 1: Entstehung der Dekoration / Riffkeramik
Leser im www.Meerwasserforum.com die aufgepasst haben, werden es schon mitbekommen haben: Am 11.01.2007 fing das große Fischsterben in unserem 1000 Liter Meerwasser-Aquarium an. Dieser Bericht soll helfen diese Sache aufarbeiten, zu erklären und gleichzeitig informieren. Auch uns kann so etwas passieren - genau wie jedem anderen Aquarianer auch. Nur weil man etwas "bekannter" ist, ist man davor nicht geschützt. Vielleicht waren wir auch mal "an der Reihe", denn bisher sind wir, trotz umfangreicher Produkttests immer "gut davon gekommen". Einmal waren einige Korallen wegen einer zu hohen Salinität eingegangen. Ansonsten haben wir kaum negative Erfahrungen machen müssen. Es ist ein langer Bericht da es viel zu zeigen gibt. Ich hoffe Sie haben etwas Geduld mitgebracht :-) Schließlich verwerten wir hier zwei Artikel in einem, einfach weil sie irgendwie zusammen gehören.


So sah unser Aquarium vor dem Umbau aus. Die Aufnahme entstand abends in der Blaulichtphase im Mai 2006.
 

Am besten beginnen wir von vorne: Bereits vor längerer Zeit interessierten wir uns für die Keramik der Fa. Korallenwelt. Seit einigen Jahren haben wir bereits eine große Säule davon im Aquarium. Die Säule, zu Anfang strahlend weiß, ist schnell dunkler geworden und wuchs innerhalb kürzester Zeit mit gelben und rosa Schwämmen halb zu. Diverse Korallen von SPS und LPS geben ein optisch und farblich interessantes Bild ab. Die Fische nutzen die Korallen gerne als Unterstand, Wohnhöhlen, Versteckplätze usw. Ein Riffhummer wohnt im untersten "Geschoß" und scheint dort sehr zufrieden zu sein. Er häutet sich regelmäßig. Im Oktober 2005 besuchten wir die Firma Korallenwelt in Rostock, was wir in diesem Bericht ausführlich festgehalten haben.

Da wir laufend im Stress sind, dauerte es recht lange bis der Gedanke so eine Riffkeramik zu bestellen in die Tat umgesetzt wurde. 2006 auf der Interzoo erstellte ich (Manuela) zusammen mit einem Mitarbeiter von Korallenwelt eine Zeichnung, eine einfache Skizze in der die Maße unseres Aquarium und die Positionen der Strömungspumpen und evtl. vorhandener anderer Geräte eingezeichnet wurden. Ich (Manuela) hätte diese Zeichnung schon viele Monate vorher machen sollen. Aber ich wußte nicht wie! Ich dachte ich müßte die gewünschte Korallenstruktur mit allen Höhen, Tiefen, Bögen, Höhlen, Vorsprünge, glatte Flächen, etc. aufzeichnen. Dabei war das was gebraucht wurde total einfach!

So wurde nach unseren Vorgaben die Dekoration für dieses Maß angefertigt. Da unser Aquarium schon acht Jahre stand und wir recht viel mit Tieren für Feinstfutter probiert hatten, konnten sich ettliche Glasrosen in unserem Aquarium wohnlich einrichten. Dieser Umstand und die Idee das man mit Riffkeramik stabile und interessante Riffaufbauten gestalten könnte waren dafür der Grund das wir was neues haben wollten. So reifte schon lange der Plan die über 10 Jahre alten Steine, die wir zum Teil damals schon von einem anderen Aquarianer abgekauft hatten, gegen etwas neues zu tauschen. Zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte Robert. Eine neue Deko, und wir können beschreiben wie gut Aquarien ohne lebende Steine funktionieren können. Hierzu gibt es unseres Wissens noch keine vernünftige Dokumentation.

Hier die Zeichnung nach der dann später die Riffkeramik erstellt wurde. In dem hier folgenden Thread kann man den kompletten Werdegang nachvollziehen, von der Zeichnung bis zum Brennen der Keramiken über das Einfahren der Riffkeramik. Hinweis: Nur angemeldete User können im Forum lesen...

http://www.meerwasserforum.com/
Die Zeichnung - Mehr ist nicht nötig für die Keramiker von Korallenwelt
Und das was man nachfolgend sieht kam dabei heraus. Echt beeindruckend :-)

Wer es genau sehen möchte, in dem oberen Link zum Meerwasserforum finden sich noch viele Bilder über die Entstehung der Riffkeramik.

So begannen wir nach und nach unsere großen Korallen abzugeben da wir keine Möglichkeit der Zischenhälterung haben. Die schönen Tiere gingen zu einem guten Bekannten nach Hamburg wo sie garantiert in gute Hände gekommen sind. Im Dezember, genauer am 14.12.2006 war es dann soweit. Der alte Sand, mittlerweile auch drei Jahre alt, wurde aus dem Becken gesaugt, die letzten Steine wurden entnommen. Danach hat Manuela die ganze Dekoration ins Becken eingebracht. Schreibt sich leicht, war aber ein hartes Stück Arbeit. Ich konnte nur noch bei der letzten Keramik helfen da ich für einige Tage beruflich unterwegs war. Nach der Riffkeramik war dann der Sand dran. Aufgrund unserer bisherigen, sehr guten Erfahrungen, haben wir uns wieder für den Natures Ocean Live Sand von der Firma AMA entschieden. Das ist unserer Meinung nach der bisher beste Bodengrund den wir je hatten. Und wir haben schon viele Bodengründe gehabt und getestet.


Michelle half uns bei der Aktion im großen Aquarum. Sie richtete sich aber selber auch mittlereile ein kleines Meerwasserbecken ein.

Zwischendurch mußte ich (Manuela) immer wieder warten, da keine Sicht möglich war. Das war aber nicht schlimm, da ich ja den Haushalt nebenbei noch machen mußte.


Ganz schön trübe das Wasser. Das ist jahrelang gesammelter Detritus im Sand. Hier ist rechts die bestehende Riffsäule zu erkennen. Die Säule wurde für den Umbau nicht heraus genommen, da auf ihr schon mehrere Korallen festgewachsen waren.


So sah es dann aus als alles fertig eingerichtet war. Machte schon was her.... Insgesamt hat Manuela vier Tage für alles raus bis alles wieder rein gebraucht.

Und hier endet eigentlich auch der 1.te Teil des Berichtes, der um die Entstehung der Riffkeramik geht. In Teil zwei geht es weiter warum vermutlich unser Fischbestand lebewohl sagte.
 
 

Teil 2: Der Supergau
Fast vier Wochen nach dem Umbau unseres Aquarium ging der "Supergau" los. Es äusserte sich durch das plötzliche Absterben der roten Cyanos die vorher sehr gut gewachsen waren. Von einem Tag auf den Anderen, und zwar am 11.01.2007 fingen die roten Cyanos an und gingen ein. Gleichzeitg fingen die ersten Fische an Unwohlsein zu zeigen. Sie klemmten die Flossen, atmeten schnell und waren verschüchtert. Schnell zeigte sich das es wohl eine bakterielle Geschichte sein musste. Den Fischen ging die "Haut" in Fetzen ab, die meisten Fische hatten Glotzaugen und milchig trübe Fischhaut. Die ersten Fische die starben, waren der Pfauenkaiser und die Fahnenbarsche. Infolge auch anderen Tiere. Das Ganze zog sich einige Tage hin. Von der sichtlichen Erkrankung bis zum Tode waren es meist nur 24 Stunden. Also kaum Zeit zu reagieren. Vor allem was hätten wir machen können? Robert ging erst mal von einer toxischen Vergiftung durch das Absterben der roten Cyanos aus. Was es nun letztendlich war wissen wir bis heute nicht genau. Es sind einfach nur Vermutungen.

Die Cyanos starben ab. Die Korallen verloren an Farbe und standen etwas schlechter. Korallen starben im Verlauf der nächsten 12 Wochen zwei Stück. Warum und ob das mit dem Fischesterben zu tun hatten, wissen wir nicht. Von den Fischen überlebten nur 2 Sechsstreiffenlippfische, 1 Putzerlippfisch, also 3 Tiere von ehemals 33 Fischen. Unser ältester Fisch im Bestand war einige Wochen vor diesem Zwischenfall aus dem 1000 L Aquarium heraus gefangen und in das Würfelaquarium in der Küche eingesetzt worden. Er war von dem Päarchen Zebrasoma xanthurum gejagt und lebensgefährlich verletzt worden. Der "Gelbe" hat sich in der Küche prächtig erholt und überlebte so die Angriffe.
 


Manuelas Lieblingsfisch überlebte nicht
 
 


Hier das Päarchen Zebrasoma xanthurum, sie starben beide am gleichen Tag


Es sieht nach einem qualvollen Tod aus! Ich (Manuela) habe mit jedem Fisch gelitten. Glotzaugen, Flossen klemmen, schnelle Atmung, fehlende Kontrolle beim Schwimmen, Auflösen der Kiemenschicht, Treiben in der Strömung, aber immer noch zu schnell um mit dem Netz eingefangen werden zu können. Drei Stunden später: Tod. Mittlerweile war der nächste erkrankt und das tödliche "Spiel" begann von neuem.


Auch er überlebte nicht. Er hielt sich tapfer und lange, aber er verlor den Kampf. Sogar unsere Leierfische starben!!
 

Es dauerte einige Wochen, aber das Becken stabilisierte sich wieder... wie man auf dem folgenden Fotos sehen kann.
Es ist aus Februar 2007.

In dieser Zeit war die Erhaltung der Wasserqualität natürlich besonders wichtig. Einige Fische tauchten nicht mehr auf. Sie starben wohl, trieben aber nicht mehr nach vorne in den sichtbaren Bereich um entfernt werden zu können. Jetzt halfen uns die Wasserreiniger Timo Clear (matuta.de) und ULTRA LIFE (faunmarin.de) dabei, die Wasserwerte jederzeit im grünen Bereich zu halten.

Zu keiner Zeit stieg der Nitratwert über 10 mg/L an. Allerdings setzten wir derart grosse Mengen ein das sogar Beläge von dem feinen Pulver auf der Dekoration zurückblieben. Diese Beläge wurden regelmäßig (anfangs täglich) abgesaugt!! Geholfen hat dies auf jeden Fall. Wir bestellten dann zusätzlich noch einige lebende Steine bei Claude Schuhmacher, (www.aquaterrashop.de) um das Becken mit etwas Biologie zu versorgen und um es wieder an zu impfen. Die Lieferung war 48 Stunden später da. Ich brachte die Steine sofort im Aquarium ein. Die Qualität war sehr gut und ich (M) bin auch felsenfest der Überzeugung das es unserem Aquarium einen großen biologischen Schub gegeben hat. Des weiteren bekamen wir von Inken Krause (Danke nochmal Inken für deine schnelle Hilfe!) einige Algen die wir im Becken etablierten. Alles diente dazu die Beckenbiologie wieder hoch zu bekommen. Das Aquarium sollte sein biologisches Gleichgewicht wieder bekommen. Des weiteren gaben wir in den darauf folgenden Wochen dem Becken täglich Ultra Bio Bakterien zu. Eine wirklich gute Sache das muss man sagen. Was nun daran Schuld war, das sich das Aquarium wieder so schnell biologisch gefangen hat ist nur Spekulation. Wir vermuten es war einfach die gute Mischung: lebende Steine, Algen, Bakterienzugabe und der Zeotlithstaubsorten bzw. Tonmineralien.

Kein Seestern starb, keine Schnecke, kein Seeigel und auch kein Sanddollar. Aber auch andere heikle Tiere, wie unser auch vier Jahre alter grüner Haarstern, überlebten merkwürdigerweise.

Es gibt aber bei all der Traurigkeit auch eine gute Nachricht. Unser gelber Doktor, (Zebrasoma flavescens) gekauft - und damals schon nicht mehr ganz so klein - im Jahre 1995, und somit mind. 12 Jahre in Aquarienhaltung, hat das ganze zum Glück überlebt. Wie oben berichtet haben die beiden blauen Doks. bzw. Rotmeerdoktoren ihm vor Beginn des Gaus schon so sehr zugesetzt, (nach 5 Jahren gemeinsamer Pflege). Deswegen wurde er kurzerhand in das kleine 300 Liter Becken überführt. Dort konnte er sich erholen und regenerieren. - Wobei - fast wäre er dann doch noch gestorben, die Geschichte aber ist schnell erzählt. Drei Wochen nach dem Supergau als sich das Becken zusehend erholte setzen wir einen Chromis der im kleinen Becken schwamm, ins große Aquarium. Als er auch nach mehreren Tagen noch munter schwamm und keine Auffälligkeiten zeigte, waren wir beruhigt. Wir dachten damals das wir es geschafft haben und holten den LSD Leierfisch und den gelben Doktor nach "drüben" ins große 1000 L Aquarium.

Hier aber zuerst mal die Bilder von unserem Liebling, als es zurück ins alte Heim ging.

Zurück ins 1000 L nass :-)
 

Nach dem Einsetzen der beiden Fische wurde zuerst leider der Chromis krank (innerhalb von einewr Stunde zeigte er erste typische Krankheitsanzeichen), und dass obwohl er schon eine Woche im Becken war. Er klemmte die Flossen und zeigte sichtliches Unwohlsein. Richtig auffallend war es aber beim gelben Doktor. Er bekam innerhalb weniger Tage richtig trübe Augen, hatte Pünktchen und zeigte ebenfalls schnell das bekannte Unwohlsein und Flossenklemmen. Das Ganze nahm so stark zu das ich keinen Cent mehr auf ihn gegeben hätte. Er hatte Glotzaugen, war fast komplett weiß und sah aus wie gepudert. Seine "Haut" löste sich in Fetzen ab, er schwamm taumelnd,...

Durch den Beckengau hatte ich mit Klaus Schatz Kontakt, der mir einen Tip gegeben hatte, den wir nun sofort ausprobierten. Die Fische bekamen unter das Frostfutter eine Messerspitze von dem Antibiotikum Chloramphenicol gemischt. Auf Anraten gaben wir eine Woche das Antibiotikum über das Futter in Verbindung mit Vitaminen. Die Behandlung zeigte allerdings keine schnelle Wirkung. Es dauerte fast drei Wochen bis der gelbe Doktor wieder gesund seine Kreise durch das Becken zog. Der Chromis hat ebenfalls überlebt, leider aber nicht der LSD Fisch, der zwei Tage nach dem Umsetzen starb. Evtl. hat es auch etwas geholfen das wir 6 Garnelen eingesetzt hatten die immer wieder eifrige Putzdienste anboten, genau wie unser alter Puterzlippfisch. Unser gelber Doktor ging dem bisweilig unwilligen Putzerlippfisch aber auch ganz schön auf den Keks. Der faule Putzer mußte putzen ob er wollte oder nicht.

Natürlich schreiben wir diesen Bericht um anderen eine Hilfestellung zu geben. Uns ist lange Zeit kaum was passiert und das bei all unseren Tests in den ganzen Jahren. Das es ein gewalter Eingriff in das Ökosystem Meerwasseraquarium ist, war uns klar. Aber scheinbar haben wir die Gefahr einfach nicht wahrgenommen. Um es klar heraus zu stellen, wir geben nicht der Riffkeramik Schuld an dem was passiert ist. Vermutlich wäre mit einer Neueinfahrphase ohne Korallen und Fischen gar nichts weiter passiert. Der Umbau des Aquarium war geplant, alles war bereit, wir waren mittendrin. Doch dann mußte Robert beruflich für mehrere Tage weg und ich mußte den Umbau alleine durchführen. Dadurch dauerte alles wesentlich länger. Schliesslich konnte ich (Manuela) mich dem Umbau nicht in Ruhe widmen, da ich "Kind und Kegel" versorgen mußte.

Da war der Gedanke 100 % Riffkeramik im Aquarium zu haben, aber heute würde ich einem bestehenden Becken nicht einfach alles Leben (lebende Steine und lebender Sand) entziehen. Es sah so schön aus:

Weißer Sand und strahlend weiße Riffkeramik. Hätte ich mehr Zeit gehabt, dann hätte ich vielleicht mehr drüber nachgedacht und einen teil der alten lebenden Steine - übergangsweise - wieder eingebracht. Um die Biologie im Aquarium anzukurbeln. Schneller wieder zu erreichen...

Der Supergau. Es bleiben nun diveres Möglichkeiten die im Meerwasserforum.com diskutiert worden waren: Ich (Robert) erlaube mir hier eine Zusammenfassung die dass Ganze wohl ganz gut beleuchten sollte. Man kann davon ausgehen das es entweder eine Infektion oder die Änderung der Mikro- und Bakterienfauna oder gar eine Vergiftung Schuld gewesen sein dürfte. Wir glauben aus heutiger Sicht an die nachfolgende Erklärung.

Das Entfernen der Biomasse und Einbringen der Keramik ergab eine Vermehrung der roten Cyanobakterien, oft ein Erstbesiedler. Es war auffallend wie schnell die sich vermehrt haben nach dem Einbringen von Sand und Riffkeramik. Durch das Absterben der Cyanos nach vier Wochen Betrieb kam es zu einem Ammoniumanstieg, der PH Wert wird hier in der Regel alkalisch. Nachfolgend kam es zu einem Zusammenbruch des Immunsystems der Fische mit dem Einhergehen einer schlagartigen Vermehrung der Vibrionen. So waren unsere Fische der Massenvermehrung der Bakterien völlig hilflos ausgeliefert. Dabei war das einzig sichtbare Symptom das Absterben der Cyanos.

Und was lernen wir daraus?

Das Eingreifen in die Mikrobiologie kann Folgen haben, die man vorher kaum abschätzen kann.

So möchten wir heute dazu raten, dass man sich solche schwerwiegenden Eingriffe in ein Aquariensystem vorher genau überlegen sollte.  Besser wäre es alle Tiere vorher weg zu geben, das Becken neu einzufahren und dann den Altbesatz zurück zu holen. Uns wird dieser Fehler sicherlich nicht nochmals passieren. Evtl.hilft dieser Artikel ja dem Einen oder Anderen der überlegt wie er es machen soll ... auch weiter.

Und so sieht es mittlerweile bei uns im Becken aus.
Video 22 MB

Mit salzigen Grüßen

Manuela und Robert
 
 
 
 
 


(c) Fotos Manuela und Robert
Text (c) Manuela und Robert
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