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Das war die 2. Messe in Sindelfingen 2002

Die Referate der Messe
Hans Werner Balling

2. Messe Fisch & Reptil in Sindelfingen
Fach-Symposium: Meerwasser

Referent: Hans-Werner Balling
Termin: Sonntag, 14.50 Uhr
Thema: Mineralstoffe im Riffaquarium
Ergänzung, Wechselwirkungen, Messung

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Mineralstoffe im Riffaquarium
Ergänzung, Wechselwirkungen, Messung

Mineralstoffe sind im Riffaquarium von besonderer Bedeutung als Baustein zahlreicher tierischer und pflanzlicher Skelette. Calcium- und Magnesiumcarbonate, aus denen die Skelette von Algen, Korallen und anderen Wirbellosen bestehen, spielen dabei die Hauptrolle. Aus diesem Grund ist eine regelmäßige Ergänzung sowohl von Calcium- und Magnesiumsalzen als auch von Hydrogencarbonaten notwendig. Eine bewährte Methode hierfür ist die Ergänzung von Calciumchlorid und Natriumhydrogencarbonat und der Ausgleich des sich anreichernden Natriumchlorides mit natriumchloridfreiem Meersalz in Form von Lösungen.

Wichtigster Bestandteil von natriumchloridfreiem Meersalz sind Magnesiumsalze. Ist eine weitere Ergänzung von Magnesium erwünscht, kann dies am einfachsten in Form einer Magnesiumchloridzugabe zur Calciumchloridlösung geschehen. Grundlage für diese Methode sind Lösungen von 147 g Calciumchlorid-Dihydrat und 34 g Magnesiumchlorid-Hexahydrat zu 2 l Lösung, von 168 g Natriumhydrogencarbonat zu 2 l Lösung und von 50 g natriumchloridfreiem Meersalz (Tropic Marin PRO-SPECIAL MINERAL, Preis Mineral) zu 2 l Lösung.

Für ein 200 l fassendes Riffaquarium mit mehreren SPS-Steinkorallen wurden zunächst 70 ml dosiert. Die Aufwandmenge für größere Aquarien steigt nicht proportional zum Behältervolumen, da dieses von den Korallen und Kalkalgen normalerweise nicht in gleichem Maße ausgefüllt wird wie in kleineren Behältern. So ist für ein 500-l-Becken mit entsprechendem Besatz eine anfängliche Dosierung von etwa 100 ml angeraten. Bei höherem Bedarf kann die Dosierung erhöht werden, jedoch sollte eine Karbonathärte von 9° dKH nicht überschritten werden. Auf die einzuhaltenden Werte werde ich gleich noch eingehen. Diese Methode der Kalkzufuhr kann mit einer proportionalen Spurenelementzufuhr kombiniert werden, die hier jedoch nicht im Einzelnen ausgeführt werden soll.
 

Vielmehr möchte ich auf die in natürlichem Meerwasser zu beobachtenden Werte und deren Einstellung im Riffaquarium eingehen. Im Meer werden ein Calciumgehalt von ca. 410 mg/l, ein Magnesiumgehalt von ca. 1300 mg/l und eine Karbonathärte von nur ca. 6,5° dKH beobachtet. Im Aquarium sind Werte zwischen 380 und 450 mg/l Calcium, zwischen 1200 und 1400 mg/l Magnesium und Karbonathärten zwischen 6 und 9° dKH akzeptabel.

Manchen mögen die Werte für die Karbonathärte recht niedrig erscheinen, aber meines Erachtens sind sie völlig ausreichend um einen hinreichend stabilen pH-Wert, der maximal zwischen 7,8 und 8,5 pendeln wird, zu gewährleisten. Andererseits konnte ich immer wieder beobachten, dass Organismen, die mit lebenden Steinen in das Aquarium kamen, wie Foraminiferen, Moostierchen und auch robuste Seescheiden, die sich zeitweilig im Aquarium ausbreiteten, rasch verschwanden, wenn 9° dKH überschritten wurden. Da eine möglichst große Artenvielfalt ein wichtiger Faktor für die biologische Stabilität des Kleinstlebensraumes Riffaquarium ist, sollte uns ihr fortkommen dennoch wichtig sein. Außerdem handelt es sich um durchaus interessante Tiergruppen, deren Beobachtung uns zusätzliche Informationen über die natürlichen und unsere künstlichen Lebensgemeinschaften geben kann.

Auch kleinpolypige Steinkorallen reagieren meines Erachtens negativ auf hohe Karbonathärten mit einem beschleunigten Absterben von der Basis her, es sei denn die hohen Karbonathärten werden durch hohe Phosphatgehalte für die Tiere erträglicher gemacht. Dann ist mitunter sogar besonders starkes Wachstum zu beobachten. Dies ist jedoch nicht im Sinne einer naturnahen Tierpflege. Obwohl Leder- und Weichkorallen im allgemeinen abweichende Wasserwerte gut tolerieren, scheint es auch hier empfindliche Gruppen, wie die Xeniiden (siehe Bild unten) zu geben.
 

Foto (c) Manuela Kruppas
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Was kann man nun tun, um diese Werte zu erreichen, falls die Werte im eigenen Aquarium davon abweichen?

Alle hier besprochenen Werte lassen sich mit etwas Kenntnis und Fingerspitzengefühl leicht in den angestrebten Bereich verschieben. So läßt sich der Calciumgehalt des Aquarienwassers mit Calciumchlorid-Dihydrat sehr leicht anheben. 147 g Calciumchlorid-Dihydrat enthalten 40 Gramm Calcium. Damit läßt sich der Calciumgehalt von 500 Liter Aquarienwasser um 80 mg/l anheben. Dieser Wert wird normalerweise jedoch nicht ganz erreicht, weil niedrige Calciumgehalte in der Regel mit hohen Karbonathärten einhergehen und für die Absenkung der Karbonathärte ein Teil des Calciumchlorides verbraucht wird. Dieses tritt dann als Calciumcarbonat für das Korallen- und Kalkalgenwachstum oder in Form von Ausfällungen in Erscheinung. Die 147 g Calciumchlorid-Dihydrat können rechnerisch ebenso die Karbonathärte von 500 l Wasser um 11 °dKH absenken. In der Praxis werden wir immer beide Vorgänge, eine Anhebung des Calciumgehaltes und eine Absenkung der Karbonathärte beobachten können.

Unmittelbar nach der Calciumchlorid-Zugabe werden wir zunächst den erhöhten Calciumwert unverändert ermitteln können, der in der Folge allmählich gemeinsam mit der Karbonathärte absinkt und sich über dem ursprünglichen Wert stabilisieren wird. Das größere Abweichungen nicht in einem Zug, sondern nach und nach korrigiert werden, sollte selbstverständlich sein. Ist man bei dieser Maßnahme dennoch über das Ziel hinaus geschossen oder wider Erwarten aus anderer Ursache die Karbonathärte auf zu niedrige Werte abgesunken, muss diese durch eine Zufuhr von Natriumhydrogencarbonat angehoben werden. 45 g Natriumhydrogencarbonat heben dabei rechnerisch die Karbonathärte von 500 l Wasser um 3 °dKH an. Natürlich gehe man auch hier wieder langsam und vorsichtig vor.
 

Waren die Verhältnisse bei Calcium und Karbonathärte noch relativ einfach und die Wirkungen geradewegs komplementär, wird es beim Magnesium etwas schwieriger. Das Magnesiumion ist mit ca. 1300 mg/l das Kation mit dem größten Anteil am Meersalz nach Natrium. Bei größeren Magnesiumdefiziten ist es deshalb ratsam, zur Anhebung auf ausbalancierte käufliche Präparate zurückzugreifen oder Magnesiumchlorid-Hexahydrat und Magnesiumsulfat-Heptahydrat im molaren Verhältnis von ca. 10 : 1 zu Mischen. Das die Mengen an Magnesiumsalzen, die man für diese Anhebung benötigt, größer sind, als die bisher besprochenen Mengen, ersieht man schon daraus, dass für eine Anhebung um 100 mg in einem 500-l-Aquarium 427 g der angegebenen Magnesiumsalzmischung oder entsprechende Mengen BIO-MAGNESIUM oder eines anderen käuflichen Präparates benötigt werden.

Bei der Zufuhr von Magnesiumsalzen sollte man etwas vorsichtig sein, da, wie bereits erwähnt, keine ausgesprochenen Antagonismen zu anderen Ionen bestehen. Magnesium bildet mit mehr als der Hälfte der im Meerwasser vorhandenen Karbonationen Ionenpaare. Dadurch stehen diese Karbonationen nicht mehr als freie Ionen zur Reaktion mir Calcium zur Verfügung. So kommt es zur Stabilisierung von Calcium und Karbonathärte im gewünschten Bereich. Bei einer Überdosierung der Magnesiumzusätze kann dies jedoch auch zu unnatürlich hohen Calcium- und Karbonathärtewerten führen. Als Gegenmaßnahme gegen zu hohe Magnesiumwerte helfen dann vor allem Wasserwechsel und Geduld.

Rechts auf dem Bild zu sehen: der Referent 
Hans-Werner Balling im Gespräch 
mit Meerwasseraquarianern (teilweise 
aus dem www.meerwasserforum.com)
Um solche Überdosierungen zu vermeiden und Defizite zu erkennen, ist eine regelmäßige Überprüfung der Wasserwerte notwendig. In der Regel werden dafür titrimetrische Tropftests verwendet, bei denen Flüssigkeiten der zu testenden Probe bis zu einem Farbumschlag zugetropft werden. Hierbei ist auf eine sorgfältige Arbeitsweise zu achten. Jede Ungenauigkeit beim Dosieren der Probe oder der Testreagenzien schlägt sich zwangsläufig in einer mehr oder minder großen Abweichung des Testergebnisses nieder. Dabei können bei einzelnen Reagenzien bereits geringe Ungenauigkeiten zu einer erheblichen Verfälschung des Testergebnisses führen!

Außen an der Spritze befindliche Tropfen müssen vor Beginn des Testvorganges abgestreift werden, da ein Abtropfen in die Testflüssigkeit das Ergebnis verfälschen würde. Das Testergebnis muß an der vom Hersteller angegebenen Stelle, z. B. am unteren Rand des Spritzenstempels abgelesen werden. Tropfflaschen von Tropftests sollten senkrecht gehalten werden, um die richtige Tropfengröße reproduzierbar zu erzeugen.
Bildet sich im ersten Tropfen eine Luftblase, sollte dieser Tropfen verworfen werden. In einem eingefahrenen Becken ist neben den hier bereits genannten Wasserwerten vor allem noch eine regelmäßige Kontrolle des Phosphatgehaltes wichtig.


 
 
 

 

 
 
 
Hans-Werner Balling, hier Zuhörer bei einem Vortrag...
Werden diese Wasserwerte regelmäßig, am besten ein- bis zweimal jede Woche, kontrolliert und bei Bedarf korrigiert, sind einige der wichtigsten Voraussetzungen für die Erfolgreich Pflege auch schwieriger Riffbewohner erfüllt.

Der pH-Wert kann im Riffaquarium normalerweise nur wenig beeinflusst werden, es sei denn durch eine veränderte Einstellung des Kalkreaktors oder durch Calciumhydroxid-Zufuhr. Normalerweise stellen sich im Riffaquarium ein morgendlicher pH-Niedrigstwert und ein nachmittäglicher pH-Höchstwert ein, die nur geringen Schwankungen unterworfen sind und die sich nach einmaligen Maßnahmen nach wenigen Tagen erneut einpendeln. Deshalb sollte bei stärkeren Abweichungen von den gewohnten Werten zunächst das pH-Meter einer sorgfältigen Kontrolle unterworfen werden. Erst danach ist es sinnvoll, die Ursachen im Aquarium zu suchen.

Andere Wasserwerte sollten im Riffaquarium nicht in besorgniserregender Höhe in Erscheinung treten, wie etwa der Ammonium-Gehalt und müssen deshalb nur bei vorhandenen Problemen überprüft werden. Alle anderen chemischen Wasserparameter können entweder nicht mit einfachen Mitteln gemessen werden, so zum Beispiel die Spurenelemente, oder von den Tieren werden Schwankungen in einem weiteren Bereich in Kauf genommen, so etwa beim Nitrat.

Dies soll nicht heißen, dass der Nitrat-Wert nicht einer regelmäßigen Kontrolle unterliegen sollte, aber das kann in etwas größeren Abständen geschehen, da gravierende Änderungen in kurzer Zeit nicht zu erwarten sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Hans-Werner Balling
 


Text: Hans-Werner Balling
Fotos: (c) Manuela Kruppas