Filtersysteme:

D(eep) S(and) B(ed)  - oder auch Tiefes Sandbett

Gerade in den USA ist seit Jahren das DSB System nach Dr. Ron Shimek weithin bekannt, langsam schwappt diese Welle auch nach Europa. Sicherlich gab es hier in Deutschland nicht Wenige, die sich schon vorher Gedanken darüber gemacht haben, vor allem nach Veröffentlichungen in Fachzeitschriften oder bei Vorträgen auf Meerwassersymposien. In den USA gehört das DSB System mittlerweile zu den am weitesten verbreiteten Systemen überhaupt.

Im Prinzip geht es um einen hohen Bodengrund dessen Höhe mind. 8, eher aber 10 oder sogar 20 cm betragen sollte. Der verwendete Bodengrund muss sehr fein sein, der Begriff Sand trifft hier dann eher den berühmten Nagel auf den Kopf. Die Korngrößenverteilung liegt zwischen ca. 0,06 mm  und höchstens 2 mm. Der Mittelwert sollte nach Shimek bei 0,125 mm bis 0,250 mm liegen. Allerdings haben Aquarianer in den USA und anderen Ländern auch schon geringfügig andere Korngrößenzusammensetzungen benutzt und auch gute Ergebnisse erzielt. Wichtig ist aber, dass es sich um wirklich feines Material handelt, der klassische „Aquarienkies“ eignet sich nicht!

Überhaupt hat sich in Sachen Bodengrund in den letzten Jahren viel getan. Ein kleiner Ausflug zu den derzeit verwendeten Bodengrundsorten sei an dieser Stelle erlaubt.

Angefangen hatte alles in der Mitte des Jahres 2003, als ein deutscher Importeur den sog. „Live Sand“ nach Deutschland geholt hatte. Bis dahin waren bei den meisten Aquarianern, so auch bei den Autoren, eher gröbere Bodengrundsorten in Gebrauch gewesen.

Im Jahre 2004 kamen dann noch diverse feine Bodengrundsorten dazu, wie auch der DSB Sand. Dazu gesellte sich im laufe diesen Jahres der sog. „echte“ Live Sand, der aber mit ca. 11 Euro je Kilo zu Buche schlägt. Dieser Sand wird nach Angaben des Vertreibers aus dem Meer abgeschöpft und zu uns verschickt, er soll frisch hier ankommen. Im Sand befinden sich die für DSB Systeme wichtigen Kleinstlebewesen, die den Sand besiedeln. Dazu kommen noch andere feine Sorten Bodengrund wie Indo Pazifik Sand etc. Der Handel bietet hier mittlerweile eine ganz gute Auswahl.

Zum DSB System bietet der Vertreiber sog. Detrivore Kits an, um das System schneller mit verschiedenen Organismen zu versorgen. Shimek rät, alle zwei Jahre einen der Detrivore Kits einzubringen um die Anzahl und Vielfalt an Tierchen zu erhöhen.

Dr. Jens Kallmeyer berichtete in diesem Zusammenhang bereits im Jahre 2002 auf der Messe Fisch & Reptil im Bereich Fachsymposium Meerwasser von der Wirkungsweise von hohem und weniger hohem Bodengrund. Er erklärte das ein niedriger Bodengrund weniger wirkungsvoll ist als ein hoher Bodengrund oder sogar das Gegenteil verursachen kann und unter Umständen sogar Nitrat produziert. Jens Kallmeyer zeigte damals an sehr guten, bewegten Aufnahmen wie stark die Wasserströmung innerhalb eines groben Bodengrundes sein kann, und das hier kein Nitratabbau stattfinden kann, da es nicht zur Bildung von sauerstofffreien Bereichen kommt. Diese sind notwendig damit Nitratabbau stattfinden kann. Anzumerken ist das Jens Kallmeyer sein Aquariensystem von ca. 1000 Liter mit ca. 100 Kilo Bodengrund fährt, der allerdings mit feinem und groben Material gemischt ist und sich nicht an die Vorgabe des feinen Bodengrundes von Shimek hält.

Sand besteht, je nach Herkunftsort, aus einer Vielzahl von Mineralen. Obwohl Koralleninseln häufig vulkanischen Ursprungs sind findet man in den Riffen nur sehr selten Sande, die nicht aus Kalk bestehen. An Flussmündungen findet man hingegen eher silikatischen Sand, den wir gemeinhin als Quarzsand bezeichnen. Die mineralogische Zusammensetzung des Sandes spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Sande mit Bestandteilen von Erzen), ist einzig und allein die Korngrösse wichtig. Je feiner der Sand, um so besser funktioniert das DSB. Allerdings gibt es auch hier gewisse Grenzen, unter einer gewissen Korngröße sollte ein DSB Sand auch nicht liegen, da dann nur eine mehr oder weniger solide Platte im Becken liegt, die keine biologische Funktion wahrnehmen kann.
 
Wenn die Poren zwischen den Körnern zu klein werden und den Organismen keinen Platz mehr bieten, dann wird der Bodengrund auch nicht besiedelt.

Die Organismen die zwischen den Sandkörnern leben, tragen einen erheblichen Anteil an der Funktionsweise des DSB bei. Diese Organismen überleben auf Dauer nur bei einem Sand der ihrer Grösse entspricht. Hat man gröberen Sand werden sich andere Organismen ansiedeln. Zusammengefasst entscheidet die Korngrösse bzw. die Korngrößenzusammensetzung des Sandes über die Art und die Vielfalt des Lebens auf und im Sand. Außerdem entscheidet die Kongrösse auch wie schnell oder langsam Wasser hindurch fließen kann, was wieder großen Einfluss auf die darin lebenden Organismen hat.

Kommen wir nun zur Funktionsweise des Deep Sand Beds.

Aufgrund der sich mit der Tiefe verlangsamenden Strömung im Sediment kann man das Deep Sand Bed in verschiedene Schichten aufteilen, die oxische, suboxische und anoxische Zone.  In der oxischen Schicht, das kennen wir auch von den Zusammenhängen bei der Nitrifikation, ist Sauerstoff frei verfügbar, wie auch im  Aquarium. Im suboxischen Bereich ist hingegen kaum mehr Sauerstoff vorhanden, wenn auch noch ein klein wenig davon zu finden ist. Im weiteren Bereich, in der anoxischen Zone findet man hingegen keinen Sauerstoff mehr.

Im DSB leben viele verschiedene Organismen. Im Zusammenhang der Funktionsweise des DSB Systems kommt den Tieren des oberen Sedimentbereichs eine besondere Rolle zu. Es handelt sich hierbei um Würmer, Schnecken sowie Gliederfüßler. Dr. Shimek weist extra darauf hin, dass sie sehr artenreich vorkommen sollten um  viele verschiedene Funktionen im Sediment wahrnehmen. Diese Tiere nehmen Futterreste, sowie Kot und anderen Detritus auf und wandeln diese zu löslichen Stoffen um, welche dann von den Bakterien weiter verarbeitet werden können, bis sie letztendlich als Gas aus dem Becken entweichen.

Die oberen Schichten des Sediments werden durch Strömung (sogenannte advektive Strömung) und durch Diffusion mit  Sauerstoff versorgt. In der oxischen Schicht  verbrauchen die Organismen durch ihren Stoffwechsel den dort gelösten Sauerstoff. Wie Shimek weiter erklärt, wird der Sauerstoff sehr schnell verbraucht so das die sub- und anoxische Schichte entsteht. In der suboxischen und anoxischen Schicht des DSB Systems leben die anaeroben Bakterien, welche unter anderem Nitrat abbauen. Je nach Verfügbarkeit der Nährstoffe treten im DSB schmale Zonen mit verschiedenen Gruppen von Mikroorganismen auf,  jede Gruppe bevorzugt andere Nährstoffe.
 

Man muss sich das in etwas so vorstellen:

Beginnend an der Oberfläche des Sandbodens wo restefressende Tiere wie Borstenwürmer oder Schnecken überschüssiges Futter fressen, scheiden sie viele gelöste Nährstoffe aus. Viele der Tiere verschwinden in die Sicherheit des Bodengrundes wo sie dann das Futter verdauen werden. Die nachfolgende Ausscheidung geschieht hier logischerweise genau dort wo sich das Tier gerade aufhält, also tiefer im Sand. Davon leben wieder andere Organismen, es ist damit ein immer währender Kreislauf wo ein Tier das andere versorgt.
 

Fazit:

Damit ein Sandbett funktioniert benötigt man feinen Sand in der richtigen Körnung von 0,125 – 1 mm , ca. 10 cm hoch oder höher, besetzt mit vielen lebenden Organismen . Der Rest, wie sie sicherlich selbst beim Lesen bemerkt haben, wird mit der Zeit automatisch funktionieren, da sich die Populationsdichte der Organismen ein wenig nach Ihnen, ihrem Geldbeutel und Ihrem Fischbesatz richtet. Es werden im Bezug auf das DSB System mit Sicherheit in naher Zukunft die weiter oben angeschnittenen Marine Detrivore Kits eine gewisse Wichtigkeit erlangen im Bezug auf viele verschiedene Organismen. Je mehr unterschiedliche Organismen im Sand leben desto besser ist es für das ganze Aquariensystem.
Eines sollte auf jeden beachtet werden: Ein DSB sollte man niemals umrühren, wie es viele Aquarianer mit gröberem Bodengrund regelmäßig tun um Detritus zu entfernen. Die dadurch hervorgerufene Störung diese kleinen Ökosystems kann schwerwiegende Folgen haben und eventuell zu großen Verlusten führen.

Ron  Shimek vertritt die These, soweit wie möglich auf sandfressende Tiere zu verzichten. Vor allem die oft verbreiteten Grundeln sind seiner Meinung nach  eher als Kontraproduktiv zu sehen. Sie fressen durch das „Sandkauen“ nämlich genau die Tiere die wir im Sand Bed versuchen zu vermehren.


Sandkauende Grundeln ja oder nein?
Ron Shimek und Jens Kallmeyer vertreten hier gegensätzliche Ansichten

Jens Kallmeyer hat allerdings eine genau entgegengesetzte Meinung zu diesem Thema, er empfiehlt ausdrücklich die Haltung von Grundeln etc. in DSB Becken. Die allermeisten Grundeln arbeiten nur die oberen 1 – 2 cm des Sediments durch, selten werden tiefe Löcher ausgehoben oder innerhalb kurzer Zeit der gesamte Bodengrund umgegraben. Dadurch, dass die Grundeln viele Detrituspartikel aus dem Sand herausholen, werden größere Ansammlungen von Detritus vermieden. Wenn dieses nicht passiert kann es punktuell zu einer so extrem starken Anreicherung von sich zersetzendem (sprich: faulenden) Material kommen, dass die anoxische Zone bis an die Oberfläche reicht und es zur Freisetzung von giftigen Substanzen ins Aquarium kommt. Es werden durch das „Sandkauen“ der Grundeln zwar einige Tiere gefressen, aber der Nutzen durch einen wesentlich geringeren Eintrag von Detritus ins Sediment hebt nach Meinung von J. Kallmeyer diesen Nachteil wieder auf.

Es ist im Prinzip ein Kreislauf von Fressen und gefressen werden der die Funktionsweise ausmacht. Nichts steht mehr für das Leben im Meerwasseraquarium als das Leben im Sand, ein Leben das wir nicht sehen, das aber in wirklich großem Masse dazu beiträgt ein Meerwasseraquarium noch natürlicher zu betreiben.

Eine Sache aber wollen und dürfen wir nicht unerwähnt lassen, da es vor allem bei Aquarianern die so ein System machen wollen wichtig ist. Etliche DSB Systeme die zu 100% nach Anweisung von Ron Shimek gefahren werden, sind am kippen. Hierzu findet man einiges in amerikanischen Diskussionsforen. Das Erscheinungsbild ist meist immer das gleiche: Plötzliche schwarze Flecken am Boden, Sulfid gelangt ins Aquarienwasser und nachfoglend sterben dann die Fische. Daher ist es äussert wichtig den Boden in Ruhe zu lassen und ihn nicht anzupacken, oder gar umzurühren. Vermutlich aus dem Grund empfiehlt Shimek mittlerweile auch einen zusätzlichen Abschäumer !

Ein sicher nicht ganz einfach zu lesender Artikel dieser DSB Bericht der in grossen Teilen der Vorlage von Dr. Shimek entstammt. Die Autoren haben sich aber wirklich nur auf die notwendigsten Infos über dieses System beschränkt.

Ebenso hat Jens Kallmeyer, der sich mit dem System seit Jahren ausgiebig beschäftigt einen grossen Anteil an dem hier zur Verüfgung gestelltem Wissen über die Funktionsweise des DSB. Die beiden Autoren gratulieren Ron Shimek wie auch Jens Kallmeyer für Ihre besondere Mühe dieses System dem Aquarianer näher zu bringen. Schließlich ist nach wie vor Deutschland  (wie auch der Rest von Europa) ein Land in dem ein geringer Bodengrund vorherrscht.

Wir hoffen mit diesem Artikel dazu beitragen zu können das sich einige engagiert Aquarianer mehr mit diesen oder anderen naturnahen Systemen beschäftigen.
 
 


Frank Diehl, Robert Baur-Kruppas [c] 2004 by www.matuta.com und archiv.korallenriff.de