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Ein Interview mit Leng Sy
dem Erfinder des Schlammfilteraquarium

Bereits im Mai, auf der Interzoo 2002 in Nürnberg, konnten wir einige sehr interessante Gespräche mit Leng Sy führen. Pflegen wir doch selber ein 112 Liter Aquarium das mit einem Schlammfilter, mit einem sogenannten "Hang On" betrieben wird. Für unser großes Aquarium mit 1000 Liter kommt demnächst ein Refugium mit Schlammfilter zum Einsatz. Das Refugium soll dann zusammen mit dem vorhandenen Abschäumer das Becken optimal filtern.

Unser damaligen Bitte nach einem Interview für die Besucher unserer Internetseite kam Leng Sy inzwischen sehr gerne nach. Bei einem der häufigen Deutschlandbesuche von Leng Sy war es dann Ende August soweit: Leng Sy war zu Besuch im Hause von "Korallenriff.de".

 

Leng Sy: 

Der in Kambodscha geborene Leng Sy lebt seit 1980 in den USA. Schon seit 1987 beschäftigt sich Leng Sy mit der Meeresaquaristik. Im Laufe des letzten Jahrzehnts hat Lang Sy ein neues Filtersystem erfunden, das auch in Europa immer mehr Freunde findet. Es handelt sich hierbei um die sogenannte Schlammfiltermethode, auch Miracle Mud genannt. Damit gibt es zu den bekannten Systemen wie Berliner System und Jaubert System eine weitere sehr interessante Möglichkeit die Riffaquaristik rfolgreich zu betreiben.
 
 
 
 
 

Bild: Leng Sy, zusammen mit unser Tochter Monique Kruppas



 

Das Interview:

Korallenriff.de: Wann und wie begann ihre aquaristische Karriere?

Leng Sy: Meine aquaristische Karriere begann 1987, als ich von einem Freund einen Goldfisch geschenkt bekam. Mich ärgerten damals schon die vielen (bei mir wöchentlichen) Wasserwechsel. Die Wasserqualität war ein großes Problem, sie veränderte sich immer zu schnell zum Schlechten. Damals starb so mancher Fisch in der Aquaristik durch die schlechte Wasserqualität. Eines Tages besuchte ich mit einem Freund, er hiess Claude, ein Aquaristikgeschäft wo es Goldfische, Süsswasserfische und auch Meerwasserfische zu sehen gab. Dieser Anblick der farbenprächtigen Meerwasserfische gab dann für mich den Ausschlag: Es war mein Start in die Meeresaquaristik.

Korallenriff.de: Wie groß war Ihr erstes Aquarium und wie waren ihre Erlebnisse damit?

Leng Sy: Mein erstes Aquarium hatte ein Volumen von umgerechnet ca. 1000 Liter. Zu dieser Zeit gab es noch keine Eiweissabschäumer, es gab auch keine Nass/Trockenfilter, es wurde einzig über einen Bodenfilter gearbeitet. Ich begann damals mit dem bekannten Bodenfilter. Es war mir aber, wie auch den meisten Anderen nicht möglich damit die Tiere über einen längeren Zeitraum erfolgreich zu halten. Meine Fachhändler haben sich damals immer sehr über meine Besuche gefreut, da ich immer wieder neue Tiere kaufen musste. Das Alles war im Jahre 1987, ich versuchte damals vieles mit diesem Bodenfilter, aber ein durchschlagender Erfolg wollte sich nicht einstellen. Etwa zu dieser Zeit, also 1987/88 wurde auch der Nass/Trockenfilter bekannt. Auch mit diesem begann ich zu experimentieren. Nach fast zwei Jahren Erfolglosigkeit mit diesen beiden Systemen, etwa zum Jahresende 1989, begann ich dann mit der Suche nach anderen Möglichkeiten. Vor allem sollte diese dann auch für Anfänger geeignet sein.

Korallenriff.de: Wie ging es weiter, wie wie kamen Sie auf die Schlammfiltermethode?

Leng Sy: Ende 1989 begann ich mit diversen Experimenten, die sicher auch einigen Tieren das Leben gekostet haben. Ich möchte mich nicht hinstellen und sagen es hätte alles von Anfang an funktioniert. Das war sicher nicht so. Sie müssen sich vorstellen das ich zu dieser Zeit Student war und mein ganzes Geld in die Aquaristik investiert wurde. Ich habe nicht nur einmal mit meinen Eltern „ernste“ Gespräche über die hohen Stromkosten führen dürfen.
Zur damaligen Zeit begann ich ich mit einem Unterschrankfiltersystem. Damals war die Idee mit einem "Hang On", wie es auch heute Anwendung findet, noch nicht geboren. Bei den damaligen Experimenten wurde ausschliesslich das Unterschranksystem probiert. Allerdings verwendete ich damals schon den Hang On für experimente mit Süsswasseraquarien. Ich begann zu dieser Zeit mit Sand, Korallenbruch und diversen anderen Substraten zu experimentieren. Die Zusammensetzung des heute bekannten Miracle Mud fand ich erst einige Jahre später. Genauer gesagt im Jahre 1993.

Korallenriff.de: Wie haben Sie es geschafft andere Aquarianer an Ihrem Erfolg des Schlammfilter teilhaben zu lassen?

Leng Sy:  Ich eröffnete im Jahre 1993 ein Aquaristikfachgeschäft, wo ich den Miracle Mud als Filter in meinen Systemen einsetzte. Zu dieser Zeit gabe es nirgendwo die Möglichkeit den Miracle Mud käuflich zu erwerben. Das Interesse war vereinzelt vorhanden, aber mein Geschäft genügte nicht den Miracle Mud darüber hinaus bekannt zu machen. Auch war ich kein guter Geschäftsmann und musste das Geschäft zwei Jahre später wieder schliessen.

Nach dieser Zeit der Erfolglosigkeit hatte ich wieder Zeit mehr mit den Schlamm zu experimentieren. Jetzt gelang mir endlich der durchschlagende Erfolg: die Zusammensetzung des Filterschlammes war 100&tig gefunden. Es war mir endlich möglich die Tiere so zu halten wie es sein soll.

Das nächste Problem war dann, das keiner den Schlamm kaufen wollte. Als ich noch mein Aquaristikgeschäft hatte, hielt ich keine Acroporakorallen in meinem Geschäft. Daraus resultierten interessierete Aquarianer, das es nicht möglich wäre mit dem Schlammfilter auch diese heikleren Tiere zu pflegen. Die anderen Aquaristikgeschäfte benutzten zu dieser Zeit die mittlerweile bekannten und auch populären Eiweissabschäumer. Darum lief es am Anfang nicht so wie gewünscht und erhofft. Schauen Sie mal wie lange es gedauert hat, bis das Schlammfiltersystem von den USA bis nach Deutschland vorgedrungen ist. Es sind dazwischen noch viele viele Jahre vergangen. Aber so ist es immer wenn etwas neues entwickelt wird. Es dauert immer einige Zeit, bis es bekannter wird und sich durchsetzt.

Korallenriff.de: Können Sie unseren Lesern das Filtersystem etwas genauer erklären? Wie wichtig ist das Algenwachstum von Caulerpa im Filter?

Leng Sy: Das Miracle Mud Filtersystem arbeitet im Prinzip genauso erfolgreich ohne die Population von Caulerpa, nur besteht hier die Gefahr, das im Hauptaquarium ein Fadenalgenwachstum einsetzt. Um das Fadenalgenwachstum auf ein Minimum zu reduzieren, wurden die schnellwüchsigen Caulerpa in der Filterkammer mit dem Schlamm integriert.

Korallenriff.de: Also hat das Caulerpawachstum gar nichts mit der Reduzierung von Nitrat zu tun? Und wie sieht es mit der Phosphatreduzierung aus, wie geht das vor sich?

Leng Sy: Die erfolgreiche Phosphatentfernung wird nur mit dem Wuchs der Caulerpa herbeigeführt. Ohne Caulerpa ist ein Phosphatabbau in diesem System nicht möglich. Durch das zurück Schneiden der Caulerpa wird das Phosphat entfernt. Der Nitratabbau funktioniert allerdings etwas anders. In der Schlammschicht sind sehr viele Nitrat abbauende Organismen angesiedelt die den Nitratabbau übernehmen.

Korallenriff.de: Also wird über das Caulerpawachstum kein Nitrat aufgenommen, welches man dann beim zurückschneiden der Caulerpa entfernen würde, ähnlich wie beim Phosphat?

Leng Sy: Ca. 98 % Nitratabbau werden über den Schlamm erreicht, der Rest ist auf das Caulerpawachstum zurückzuführen.

Korallenriff.de: Der Miracle Mud wurde von Fachleuten per RFA Analyse untersucht. Es wurde dabei ein hoher Anteil an Eisenoxid gefunden. In wie fern spielt das eine Rolle für das Schlammfiltersystem?

Leng Sy: Der Eisenanteil ist unter anderem für das schnellere Wachstum der Caulerpaalge verantwortlich. Allerdings ist das nur ein Element von vielen anderen.

Korallenriff.de: Gab es bei Nutzern des Schlammfiltersystems auch schon Rückschläge?

Leng Sy: Ja, auch das gab es. Allerdings sind diese weniger auf den Schlamm als auf andere Dinge zurückzuführen. Einige Aquarianer haben zum Beispiel Leitungswasser genommen, welches einen hohen Anteil an Kupfer enthielt. Das es hier nicht klappen kann, ist dann schon gut vorstellbar.

Korallenriff.de: Die Population an Kleinstlebewesen ist gerade mit dem Schlammfiltersystem besonders hoch. Es „wuselt“ geradezu von Kleinsttierchen. Ebenso fällt uns das bessere Wachstum an Schwämmen sehr stark auf. Woran liegt das?

Leng Sy: Es wachsen im Filtersystem zum Beispiel Mysis. Diese wieder herum laichen ab. Somit hat man Microplankton das ins Hauptbecken kommt. Diese Population wieder aber niemals so stark ansteigen das die Tiere im Hauptaquarium Schaden nehmen könnten. Denn sie werden mit dem Überlauf wieder ins Schlammfilterabteil transportiert wo sie den Mysis dann wieder als Nahrung dienen.

Korallenriff.de: Eine spezielle Frage, die uns immer wieder per E-Mail gestellt wird. Kann man Miracle Mud im Hauptbecken betreiben? Käme es dabei dann nicht zu unerwünschten Algenwachstum?

Leng Sy: Ein Fadenalgenwachstum wäre nicht das Problem. Meist sind Fadenalgen kurzlebig, so das Caulerpa diese immer überleben würde. Hinzu kommt, das Caulerpa schneller wächst und somit den Fadenalgen die Nahrung entzieht. Da viele erwünschte und unerwünschte Bakterien im Schlamm ansässig sind wäre es von Nachteil diesen Schlamm im Hauptaquarium zu betreiben. Denken Sie zum Beispiel nur an Lippfische die sich im Boden graben. Sie würden immer wieder den feinen Schlamm aufwirbeln was dann empfindlichen Tieren wie Steinkorallen durch die dauernde Belästigung schaden würde. Und Sie würden vermutlich das Becken nie ganz klar bekommen, weil immer wieder Schlamm aufwirbelt.

Korallenriff.de: Würden Sie zusätzlich zum Schlammfilter auch eine UV Anlage empfehlen?

Leng Sy: Eine UV Anlage ist aufgrund der Eigenschaft die Bakteriendichte niedrig zu halten immer zu empfehlen. Das gilt natürlich auch für das Schlammfiltersystem. Hiermit kann man die Bakteriendichte auf ein natürliches und somit dann auch gesundes Level halten. Das Schlammfiltersystem funktioniert in der Regel auch ohne UV Anlage, aber Acroporapflegern würde ich, da sie besonders sauberes Wasser haben müssen, auf jeden Fall zu einer UV Anlage raten.

Korallenriff.de: Viele Aquarianer nehmen zur Entfernung von Gelbstoffen Aktivkohle. Ist das im Schlammfiltersystem ein Problem?

Leng Sy: Nein, eigentlich nicht. Wir verwenden zwar keine Kohle, aber in einem eingefahrenen Schlammfiltersystem kann man ruhig mal zusätzlich über Kohle filtern.

Korallenriff.de: Erklären Sie uns doch bitte das auf der Interzoo vorgestellte neue Refugium von Ihnen, welchen Zweck hat es?

Leng Sy: Das Refugium ist als Erleichterung für Anfänger gedacht. Gerade für den Anfänger ist es nicht einfach, nein ich möchte sagen sogar sehr schwierig, die richtigen Dosierungen an Spurenelementen und Mineralstoffen für das eigenen System zu finden. Der erfahrene Riffaquarianer muss dieses täglich in der richtigen Art und Weise tun.
Weiterhin kenne ich viele Abschäumersysteme die immer ein wenig Nitrat und Phosphat aufweisen. Diese müssen durch Wasserwechsel, Phosphatabsorber, und Nitratfilter einem weiteren Ansteigen von Phosphat und Nitrat entgegenwirken. Das ist mit dem Refugium, das zu einem vorhandenen Abschäumersytem installiert werden kann, nicht mehr nötig. Denn hier funktioniert der Nitrat und Phosphatabbau auf natürliche Weise.

Korallenriff.de: Möchten Sie zum Schluss des Interviews noch etwas anmerken?

Leng Sy: Danke für das nette Angebot. Ich habe noch einen Tip für alle Acroporafans. Nicht nur hier in Deutschland hat man Probleme mit Gewebsauflösung bei Acroporen. So möchte ich einfach nur einen kleinen Tip geben, was man bei einer beginnenden Gewebsauflösung (RTN) tun kann. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht: Aquarianer die Acroporakorallen pflegen, sollten dauerhaft eine UV Anlage einsetzen. Bei Auftreten von RTN sofort die Wassertemperatur auf 22 Grad senken. Das stoppt die Bakterien sehr zuverlässig, die Auflösungserscheinungen an der Koralle stoppen.

Korallenriff.de: Sehr geehrter Herr Sy, wir haben zusammen mit einem Aquarianer und Händler aus Bremen einen sehr gut besuchten Meerwasserchat, der immer Montags und Donnerstags abend stattfindet. Dort findet man viele deutschsprachige Aquarianer aus einigen deutschsprachigen Ländern. Hätten Sie nicht mal Lust für eine Stunde den Chatbesuchern die zweifelsohne vielen Fragen zum Schlammfiltersystem zu beantworten?

Leng Sy: Das ist eine sehr gute Idee. Herzlich gerne. Bei meinem nächsten Besuch in Deutschland, Ende September stehe ich gerne für alle Aquarianer zur Verfügung. Den genauen Termin gebe ich Ihnen noch bekannt.

Korallenriff.de: Vielen Dank für diese Möglichkeit. Wir sind sicher das sich viele Aquarianer auf diesen Chat freuen werden. An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich für das umfangreiche und informative Gespräch mit Ihnen bedanken.

Leng Sy: Es war mir eine Freude Ihnen die Fragen zu beantworten.
 
 

Unter dem Link findet man die offizielle Internetadresse von der Fa. EcoSystems


 
 
 

Interview: Manuela
Gast: Leng Sy
Bearbeitung für korallenriff.de Robert & Manuela


Manuela Kruppas und Robert Baur-Kruppas, (c) 01.09.2002 by Korallenriff.de
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