Philippinische Korallenfarm: ein Instrument zur Riffrehabilitierung
Von Claude Schuhmacher
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Ein Fischer mit einem Cabilao Hai
„Natürlich sind die Wachstumsraten deutlich langsamer bei massiven Arten wie z. B. Hirnkorallen. Es kann schon 3 bis 6 Monate dauern, bis ein neuer Polyp gebildet wird. Insgesamt“, so erzählt mir Joey Gatus, frisch gebackener Meeresbiologe an der USC, nach dem Tauchgang, sind über 300 Aufzuchtabteilungen und etwa 24.000 Fragmente von mehr als 90 Arten in der Farm“. Dr. Filipina Sotto, langjährige charmante Leiterin der USC Marine Biology, schildert mir detailliert einen typischen Arbeitstag in der Korallenfarm (s. Kasten ganz unten). „Und was geschieht mit den Korallen, wenn sie am Substrat festgewachsen sind?“, frage ich Filipina.
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.hier werden die Tiere nach erfolgreichem Anwachsen für die Rehabilitierung herausgesucht und wieder ins Riff eingebracht.
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Sie erklärt, dass bisher mehr als 10.000 Korallenkolonien von der Farm in geschädigte Riffe ausgesetzt wurden und zur Zeit viele Anfragen für neue Rehabilitierungsmaßnahmen vorliegen. Dies ist genau die Aufgabe der Korallenfarm: auf der einen Seite schafft sie gute Einkommensmöglichkeiten für Fischerfamilien und gleichzeitig werden Riffe rehabilitiert. Die Jungkorallen bieten sofort Schutz bzw. neuen Lebensraum (Mikrohabitate) für Fische und Wirbellose, verbessern die Überlebensraten von sexuell erzeugten Korallenlarven und reduzieren den Druck auf die natürlichen Ressourcen (Tab. 1). Die Fischer müssen nicht mit allen Mitteln Fische fangen, sondern verdienen ihren Lebensunterhalt mit „Korallenanbau“: Luceno Torriefel, Präsident der Korallenfarmer, bemerkte dazu: „Vor ein paar Jahren haben wir noch mit Cyanid kleine Riff- Fische und Korallen vergiftet, heute pflegen wir sie und schaffen neuen Lebensraum“ (Schätzungen gehen davon aus, dass auf den Philippinen pro Jahr etwa 150 Tonnen Cyanid unter Wasser verspritzt werden).
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Das ist eines der typischen Beispiele wieso so viel Riffe zerstört werden.
So wird allerdings nur für den Speisefischfang gefangen !!!
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Wissenschaftlich betrachtet ist die Idee der Korallenfarm nicht neu. Seit über 30 Jahren ist durch Erkenntnisse aus Forschungsarbeiten und Beobachtungen von Aquarianer bekannt, dass Korallen unter günstigen Bedingungen hervorragend wachsen und das Abtrennen kleiner Kolonieteile, im Fachjargon „fragmentieren“ genannt, problemlos tolerieren. Neu ist allerdings die Einbindung der Küstenbevölkerung, die es ermöglicht, Riffrehabilitierung im großen Stil zu finanzieren. Vergleicht man den nutzbaren Wert eines Riffs (Fischereiertrag, Tourismus, Biodiversität, Küstenschutz), der bei gesunden Riffen zwischen rund 300 und mehr als 1.000 US$ pro Jahr und Hektar betragen kann, erscheinen die Rehabilitierungskosten von 2.000 US$ pro Hektar als berechtigte Langzeitinvestition.

Die sozialen Vorteile des Projektes für die Küstenbewohner liegen einmal auf der Einkommensquelle und natürlich auf dem wachsenden Bewusstsein, proaktive Verantwortung für die eigenen Ressourcen zu übernehmen. In der Dorfgemeinschaft ist die Akzeptanz des Projektes außerordentlich hoch, weil die Fischer und ihre Familien durch ihre Arbeit auf dem Meer mit den traditionellen Werten verbunden bleiben (Tab. 1).

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traumhaftes Bild, wer wäre da nicht gerne :-)

Ein wichtiges Ziel des Projektes ist es, die notwendigen finanziellen Mittel für Betrieb, Instandhaltung und Investitionen durch die Farmaktivitäten zu erwirtschaften. Dies ist über den Verkauf der Fragmente für die Riffrehabilitation möglich. Bisher haben Dorfgemeinschaften und große Hotels Farmkorallen erworben und Riffabschnitte rehabilitieren lassen. Langfristig ist die großflächige Bestückung geschädigter Riffe mit Korallen aus Farmen durch nationale oder internationale Investitionen, wie sie für Infrastruktur veranschlagt werden, denkbar, aber bisher politisch nicht akzeptiert.

Eine weitere gute Vermarktungsmöglichkeit wäre die Riffaquaristik. Verantwortungsbewusste Aquarianer würden sicherlich farmgezüchtete Korallen den Naturentnahmen vorziehen. Mit dem Erlös könnten gleichzeitig die Riffrehabilitierungsmaßnahmen finanziert werden. Leider verbieten philippinische Gesetze bisher jede Entnahme, Transport oder Handel mit Korallen. Es bleibt zu hoffen, dass die Behörden sich vom Konzept, das soziale und ökologische Vorteile für alle beteiligten Seiten liefert, einsehen, und entsprechende Erweiterungen der Gesetzte beschließen.

Die Korallenfarm ist seit einigen Monaten unter der Obhut von International Marinelife Alliance (IMA), die 1985 zum Schutz der Biodiversität und nachhaltiger Nutzung mariner Ressourcen gegründet wurde. IMA plant, das erfolgreiche Korallenfarmkonzept auch auf andere Länder zu übertragen.

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so sehen besonders schöne Stöcke nach der Aufwuchszeit aus, einfach herrlich oder ?
Tab.1
Ökologischer und Sozioökonomischer Nutzen von Korallenfarmen und Riffrehabilitierung.

 
Ökologischer Nutzen
Sozioökonomischer Nutzen
Erhöhung der Korallenbiomasse Einkommensquelle
Erhöhung der Riffproduktivität  Traditionelle Werte bleiben erhalten
Bewahrung der Artenvielfalt Familien arbeiten gemeinsam
Schaffung von Keinstlebens-räumen Nachhaltige Nutzung eigener Ressourcen
Steigerung der Überlebens-raten von Korallenlarven Verstärkung des Verantwortungsgefühls der Dorfgemeinschaft für Ressourcen
Verminderter Druck auf Fischbestände Besseres Wissen über ökologische Zusammenhänge
Reduktion destruktiver Fangtechniken Einhaltung der Fischereigesetze
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Ein typischer Arbeitstag eines Korallenfarmers: Um 8 Uhr treffen sich die Fischer und Projektmitarbeiter auf der mit Fischmotiven bemalten Arbeitsplattform des schwimmenden Korallenfarmhäuschens zum Briefing. Je nach Wind- und Wetterlage wird sich für ein geeignetes „Korallenspendergebiet“ entschieden und mit Tauchausrüstung, Styroporwannen, Plastikkörben, Hammer und Meißel in das Zielgebiet gefahren. Nach 30 bis 40 min Fahrt mit dem Auslegerboot fällt der Anker im flachen Wasser. Die Taucher werden in Teams von jeweils 2 Personen eingeteilt und die Tauchzeit auf 1 Stunde und maximal 15 m Tiefe begrenzt. Unter Wasser werden behutsam 8 bis 10 cm große Fragmente von gesunden Kolonien entnommen und in die mitgeführten Plastikkörbe gelegt. Von den Kolonien werden in der Regel nur etwa 20 % entnommen, in keinem Fall mehr als die Hälfte. Langzeitversuche haben bewiesen, dass die Mutterkolonien, gemäß der arteigenen Symmetrie, wieder vollständig nachwachsen. In der einstündigen Tauchzeit entnimmt ein Team (2 Fischer) etwa 500 Fragmente. An Bord werden die Korallen sofort in seewassergefüllte Wannen umgesetzt und zur Farm transportiert. Dort warten 10 bis 15 Fischerfrauen auf die Fragmente. Sie haben die Substrate (fossiler Kalkstein aus Steinbrüchen) und entsprechende Drahtstücke vorbereitet und beginnen sofort mit der Arbeit. Jedes Korallenfragment wird auf dem Kalkstein fest mit Draht fixiert. Die Drahtenden werden mit der Zange verzwirbelt, überstehende Reste abgezwickt und die fertigen Fragmente von der Plattform ins Wasser geworfen. Die Taucher sammeln die Jungkorallen ein und transportieren sie mit Plastikkörben zu den Aufzuchtabteilungen. Anschließend werden Reinigungsarbeiten vorgenommen und bereits festgewachsene Kolonien zusammengefasst. Auf diese Weise werden die geeigneten Korallen beim nächsten Riffrehabilitierungs-Vorhaben schneller eingesammelt. Pro Tag können leicht 1.500 bis 2.000 Fragmente entnommen, fixiert und ausgebracht werden. Die Männer und Frauen verdienen durch ihre Tätigkeit als Korallenfarmer einen Tageslohn, der den Durchschnittsverdienst eines philippinischen Arbeiters deutlich übersteigt.

Das Copyright der einzelnen Fotos, sowie der Text liegen bei Dr. Thomas Heeger und Claude Schuhmacher.

auf Korallenriff.de im Juli 2001