Meeresaquaristik von Anfang an...
ein Leitfaden für Ein - und Umsteiger
 
Der Erstbesatz - Teil 1

Nach der meist eintretenden Kieselalgenblüte und oft nachfolgenden Fadenalgenplage kommt wie schon im Artikel 12 erwähnt das Wachstum der Kalkrotalgen auf. Das ist ein guter Zeitpunkt um über den ersten Besatz nachzudenken. Wir hoffen das Sie in der Zeit bis dahin schon viele interessante Beobachtungen machen konnten ? Was wächst aus Ihren Steinen ? Algen oder sogar Korallen ? Es ist immer wieder schön diese sog. Einfahrphase zu erleben. Keine gleicht der anderen..... 

Es gibt Aquarien die überhaupt keine Algenplage bekommen, und es gibt Aquarien wo die unerwünschten Fadenalgen nach einem Jahr noch wachsen. Auch werden Sie die ersten Tiere entdecken die im Meerwasseraquarium weniger erwünscht sind. 

Plagegeister:
Dieser Begriff hat sich in den letzen Jahren eingebürgert, und er trifft den Nagel auf den Kopf. Schliesslich plagen uns diese Tiere dann doch mit der Zeit. Meist sind das Glasrosen oder auch die sog. Minianemonen die sich gerne über die lebenden Steine mit einschleichen. Anfangs nimmt man sie zwar wahr, unternimmt aber oft - teils sicher auch aus Unwissenheit - nichts was sie dann später oft als Fehler herausstellt. 
 
Die als Plagegeister bekannten Schädlinge sollte man versuchen möglichst früh zu enfternen. Hierzu gibt es diverse Möglichkeiten wie zum Beispiel das Abspritzen von Glasrosen oder  Minianemonen. Der Handel hält hier einige Präparate parat. Sie werden aber auch im Internet einiges finden was man nehmen kann, wie zum Beispiel Natronlauge oder Salzsäure. Informieren Sie sich besonders gut wenn sie solche Tips ausprobieren möchten, man braucht hierzu meist etwas Übung die anfänglich oft dem Anfänger noch fehlt. 

Im rechten Bild sieht man eine Glasrose.. 
Aiptasia sp. Sie schleichen sich mit den lebenden Steinen ein. Deshalb ist es wichtig die Steine vorher gut anzuschauen.

Bevor sie etwas falsch machen fragen sie ihren Händler.  Sind die Wasserwerte im korrekten Rahmen kann man durchaus auf Glasrosenfressende Garnelen zurückgreifen, ein Beispiel ist Lysmata wurdemanni oder L. rathbunae. Vor allem wenn kein Futter ins Aquarium gegeben wird scheinen Sie eher Glasrosen als Futter anzusehen, als wenn sie auf einfache Art Futter vom Pfleger bekommen.

die sehr schöne Minianemone Anemonia cf. majano : Oft beliebt bis man weiss was es ist... Vermehrt sich oft sehr schnell und verdrängt alles andere an Korallen im Aquarium.

Im rechten Bild sehen sie eine Lysmata wurdemanni, die sich oft als guter Glasrosenfresser erwiesen hat.
 

Aber Achtung, Garnelen benötigen eine sehr vorsichtige Anpassung an ihr Aquarienwasser. Oft hält der Handel seine Tiere bei weit geringer Dichte, so das die Fische weniger Krankheiten zeigen. Der Unterschied ist leider oft frappierend so das wir durchaus auch schon Werte mit 1.017 messen konnten. Wenn Sie nun so eine Garnele in ein Wasser mit 1.025 Dichte setzen werden sie das meist nicht überleben. Wie alle Krebstiere sind sie gegen Dichteschwankungen sehr empfindlich. Es rät sich an diese Tiere über einige Stunden langsam an das neue Wasser zu gewöhnen. 

Die Autoren versuchen ihnen in diesem Zweiteiler zwei gänzlich unterschiedliche Wege, ein Aquarium einzufahren, aufzuzeigen, und in diesem Zweiteiler einige Möglichkeiten zu nennen was ein guter Anfangsbesatz an Tieren wäre und auf was man achten sollte.

Ausgehend von dem Fall das keine Fadenalgen mehr wachsen, oder nur noch begrenzt an manchen Stellen, sollte man darüber nachdenken die ersten Tiere einzusetzen. Besonders wichtig erscheint den Autoren das man vor dem Kauf von Tieren nochmals seine Wasserwerte prüfen sollte. Eine regelmässige Messung der genannten Werte sollte auch später regelmässig erfolgen da man so schneller merkt wenn Werte aus dem Ruder laufen.

Wir nennen Ihnen hier gerne nochmals die wichtigsten Eckdaten! Magnesium und Calzium sind so zu verstehen das man sie korrigieren kann, falls sie schon von den Sollwerten abweichen. Nitrit und Ammonium/Ammoniak dürfen dagegen nicht nachweisbar sein. Ammoniak und Nitrit sind schon in kleinsten Mengen Giftig, sowohl für Ihre Fische wie auch Korallen. Bitte messen Sie vor dem Kauf Ihrer Tiere die Werte, oder geben nehmen Sie Wasser mit zu dem Händler ihre Vertrauens der Ihnen sicherlich hilfreich zur Seite steht.
 

Die Eckdaten lauten:
 
Ammonium/Ammoniak: NH4/NH3 0,00   mg/L
Nitrit NO2 0,00   mg/L
Dichte/Salinität 1.021 - 1.024/  33-35 %
Nitrat NO3 20,00 mg/L
Karbonathärte KH 6 - 10 
PH PH 7,8 -8,4
Magnesium MG 1380 mg/L
Calzium CA 420   mg/L
Silicat Sio2 0-0,1 mg/L

Sind Ammoniak und Nitrit auf null dann können Sie an den Kauf von ersten Tieren denken. 
 

Algenfresser als Erstbesatz:

Wir möchten Ihnen nun wärmstens ans Herz legen noch keine Fische, vor allem nicht gleich mehrere, zu kaufen. Sie überlasten damit Ihr noch sehr junges biologisches System, das sich erst auf die Belastung durch Fische einstellen muss. So vermehren sich die Bakterien um mit der anfallenden Belastung der Fische zurecht zu kommen. 
Wir raten ihnen vielmehr zu anderen Tieren, wie zum Beispiel algenfressende Einsiedlerkrebse oder Schnecken. Diese Tiere stellen für die Autoren den optimalen Erstbesatz dar. Auf 1000 Liter kann man durchaus auch 100 Einsiedlerkrebse  der Gattung Calcinus oder Clibanarius einsezten. Es handelt sich vor allem bei den beiden genannten um sehr gute Algenfresser. Wenn Sie später dann kaum mehr Algenwuchs haben sollten, Einsiedler fressen auch gerne Futtertabletten oder anderes Futter. 
 
 

Rechs im Bild Calcinus elegans, ein guter Algenfresser 
 

Des weiteren sind vor allem die sog. Turbo Schnecken ein guter Anfangsbesatz, auch weil sie sich oft sogar selber vermehren. Eine Krabbe names Percnon ist ebenfalls ein unermüdlicher Algenfresser, vermutlich einer der besten überhaupt.Leider ist sie nicht überall zu bekommen, die Stückzahlen sind zudem sehr gering.

Einsiedlerkrebse fressen nach unseren Erfahrungen wunderbar alle nur erdenklichen Algen, und zwar von der Wurzel auf. Die Autoren halten dieses kleinen Helfer nicht nur am Anfang für äussert wichtig, sondern auch für die Zeit danach. 

Bei einer Vielzahl von Einsiedlerkrebsen gibt es auch danach kaum ein Problem mit wachsenden Algenplagen. Man kann sicherlich nach den Algenplagen die Einsiedler wieder abgeben, aber wir raten dazu diese als Prophylaxe im Aquarium zu belassen. Sie schaden nicht und helfen bei beginnenden Algenproblemen am ehesten. Dadurch das sie jegliches andere Futter annehmen muss man sich um sie keine Gedanken machen. Seeigel sind ebenfalls erst einzusetzen wenn sich die Werte stablisiert haben, danach danken sie es einem mit einer guten Vertilgung von frischen Aufwuchsalgen.

Rechst im Bild: Ein Pärchen Percnon Krabben im Aquarium von Ralph Bogusch. Nehmen auch Ersatzfutter an, stehen aber voll auf Algen.

Mespilia globulus: Dieser Seeigel unserer Meinung nach wesentlich besser geeignet als der Pfaffenhutseeigel. Der wird oft zu gross und räumt zuviel im Becken um. Beide sind aber besonders gute Algenfresser. 
Ein ebenfalls sehr guter Algenfresser ist der Schleimfisch Salarias fasciatus. Dieser sollte nur eingesetzt werden wenn der Algenwuchs noch gut ist, und wieder setzen wir voraus das die Wasserwerte im Rahmen sind. Aber auch hier gilt eine Einschränkung... Lassen sie sich im Geschäft zeigen das der gekaufte Salarias Frostfutter annimmt. Es gibt nicht wenige die davon berichten das er nur Algen frass und sich nicht auf Ersatzfutter umstellen lies. Das zog oft den Tod des Tieres nach sich was man mit dem Wissen der Futterannahme verhindern kann.

Ist ihr Aquarium nahezu Algenfrei, können die ersten Blumentiere einziehen. 

Vielfach wird zu Anfängertieren geraten, damit sind sog. robuste oder auch harte Tiere gemeint, die die oft noch vorkommenden Schwankungen besser wegstecken. Krustenanemonen oder Scheibenanemonen oder auch Weich - Lederkorallen sind hier gemeint. In Teil 2 gehen die Autoren auf das Thema genauer ein. Einen Überblick über diese zahlreich in Frage kommenden Tiere bekommen sie in ihrem Fachbuch oder mit ein wenig Sucherei auch im Internet.

Nicht gerade wenig Neuaquarianer halten sich leider nicht an solche, wie die Autoren finden wichtige Selbstbeschränkung und setzen meist vorher schon Fische ein. Oft wird es vom Handel so propagiert, manchesmal ist es unwissenheit, manchesmal ist es die Ungeduld des Aquarianers. Viele Fische überleben ein so neues Becken zum einen nicht, sind es doch zum teil sehr empfindliche Kreaturen!  Man tut sich selbst keinen Gefallen in der Phase schon viele Fische einzusetzen. Selbst wenn Fische die Wasserwerte bisweilen schon verkraften, rächt sich der frühe Besatz mit Fischen später oft wieder, zum Beispiel durch erneute Algenplagen oder unerwünschtes Bakterienwachstum. Davor ist man zwar nie sicher, aber ein gut eingefahrenes Becken steckt eher einen kleinen Fehler weg als eines das biologisch nicht sicher steht.

Ist Ihr Becken nun Algenfrei, die Wasserwerte top, und die Korallen zeigen gutes Wachstum kann man die ersten Fische einsetzen. Wir raten auch hier zu einem langsamen Besatz, kaufen Sie nicht alle Fische die sie planen an einem Tag. Eine Ausnahme stellt zum Beispiel eine Gruppe Doktoren dar, diese sollte man zugleich einsetzen. Auch hier ist natürlich Voraussetzung das sie über ausreichend Wasser verfügen. Eine kleine Gruppe gelber Segelbader ist ein schöner Anblick... was aber auch ein grösseres Aquarium voraussetzt. In ca. 1000 Liter kann man durchaus 4 dieser Tiere halten. Andere Doktoren lassen sich meist aber nicht in der Gruppe halten, Informieren ist hier besonders wichtig.

Informieren sie sich vorher gut wie gross ein Tier wird und ob es zu dem schon vorhandenen Besatz passt. Es ist zudem immer besser sie fragen sie erfahrene Aquarianer um Rat. So kann man Fehlkäufe vermeiden. Das schont nicht nur ihren Geldbeutel sondern auch das Leben Ihrer Pfleglinge.
 

Was man unbedingt beachten sollte:
 
Entacmaea quadricolor, Blasen - oder Kupferanemone:

Leider erfolgt in der Anfangszeit oft der Griff zu einer Anemone, die sich aber in den meisten Fällen - vor allem in frischen Becken - nicht lange halten. Sie sind zu emfpindlich und sollten erst viel später folgen. Tun sie sich selbst einen Gefallen und warten sie hier mind. ein halbes Jahr, bis sich ihr Aquarium gut gefangen hat.  Die einzige Ausnahme stellt die sog. Blasen - oder Kupferanemone dar. Es liegt schon ein wenig mit an ihnen selbst wie Sie damit umgehen. Aber auch diese etwas als härter bekannte Anemone setzt optimale Wasserwerte voraus.

Ebenso möchten wir für die häufig gekauften Mandarin-Leierfische eine Lanze brechen. 

Sie werden mit Sichereit aufrund Ihrer wunderbaren Farben und ihrer teils lustigen Schwimmweise gekauft. Denn sie hüfpen fast mehr als sie wirklich schwimmen.

Diese Tiere aber nehmen oft nur Lebendfutter welches sich in ihrem Aquarium erst bilden bzw. vermehren muss. Warten Sie damit bitte mind. 6 Monate besser aber noch länger, oder lassen sie sich im Handel vorführen das Ihr Wunschtier Futtter annimmt. Bei Leierfischen klappt die Futteraufnahme oft mit Wasserflöhen. Wir stufen sie daher als heikel ein und empfehlen sie nicht für den Anfang !

Der Fischkauf....

ist in erster Linie echte Vertrauenssache. Sicher werden Sie als Anfänger damit ihre Probleme haben wenn sie ihren Händler noch nicht gut kennen. Oft spricht sich das aber auch vorher rum, oder nutzen sie diversen Diskussionsforen um sich vorher etwas zu informieren :-)

Wir sind aber auch überzeugt das Sie selbst viel dafür tun können, das sie gesunde Fische erwerben. Beobachten Sie beim Händler den Fisch Ihrer Wahl eine Weile etwas genauer. Wie schimmt er, was macht er?  Scheuert er sich ? Fühlt er sich unwohl ? Nimmt er schnell Futter an ? [Lassen sie sich ruhig zeigen das ihr Fisch auch Futter annimmt]  Viele Fische die sich unwohl fühlen nehmen oft nur zögerlich oder gar kein Futter an. Sie klemmen manches mal die Flossen und zeigen auch so wenig Interesse an ihrer Umgebung. Lassen Sie die Finger von dem Fisch. Sicher ist sicher! Ein Fisch sollte ein gutes und klares Hautbild zeigen und keine Pünktchen haben.

Futter:

Uns erscheint auch der Hinweis wichtig was man nach dem Kauf noch für die Gesunderhaltung der Fische tun kann. Wir raten dazu mind. zweimal die Woche ihren Fischen Vitamine zu verabreichen. Hierzu träufelt man ein wenig einer käuflichen Vitaminlösung auf das Futter, lässt es einige Minuten einwirken und verarbreicht es seinen Fischen. Sie brauchen wie wir Menschen auch Vitamine und fühlen sich dadurch besser und bleiben Gesünder. Ebenso kann Knoblauch (Darmparasiten) helfen, wie auch der sicher bekannte Aloe Vera Saft.  Der Handel bietet schon die ersten Frostfuttersorten mit Knoblauch an. Den Aloe Vera Saft kann man wie vorangegangen beschrieben anwenden. Alle diese Möglichkeiten sind vor allem Vorbeugend zu sehen und unterstützen den Fisch in jedem Fall. Passen sie das Futter ihren Pfleglingen an! Pflanzenfresser freuen sich über Algenblätter (Norialgen) oder über diverse Salatsorten. Fleischfresser natürlich über eine gute Portion Frostfutter. Informieren Sie sich was ihr Fisch frisst.  Probieren geht auch oft über studieren, weshalb man ruhig mal einiges an Futter ausprobieren könnte. Sie merken schnell was die Fische so gerne annehmen.

Phosphateintrag über das Frostfutter:
Die meisten erhältlichen Frostfuttersorten haben einen sehr hohen Phosphatwert. Deshalb rät es sich an das Frostfutter vor der Verwendung zu spülen. Hierzu nehmen sie die gewünschte Menge Futter und legen es in ein Netz oder Sieb. Dort lassen sie es auftauen. Nun lassen sie kaltes Wasser über das aufgetaute Frostfutter laufen. So spülen sie das meiste der Phosphatmengen weg. Nach dem spülen können sie das Futter wie gewohnt den Fischen geben. Sie werden dadruch einen weit geringeren Phosphateintrag haben was ihnen nachfolgend die Entfernung von Po4 etwas leichter macht.

Täglich füttern ?
Die früher oft propagierten Futterpausen von einem oder mehreren Tagen in der Woche sollten im Jahre 2004 wirklich der Vergangenheit angehören. Man ist heute in der Lage durch gute Technik die Wasserqualität besser aufrecht zu erhalten als früher. Die Autoren füttern mehrmals täglich, immer kleinere Portionen und mit gemischten Futtersorten. So das jeder das bekommt was ihm am besten schmeckt. Füttern sie immer kleine Portionen, soviel wie die Fische in 3 - 5 Minuten fressen können. Mehr zu füttern ist nicht nötig, und belastet das Becken zu sehr. Ein Überbestand an Futter der zu Boden geht ist nicht weiter schlimm, sie haben ja auch noch genug Tiere die das vom Boden aufnehmen. (Einsiedlerkrebse, Garnelen, Schlangensterne etc.) Sie werden hier sicher schnell das richtige Maß finden.
 


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