von Jan Robel, Homepage:
www.aqua-terra-net.de
Im Rahmen einer Südafrika-Exkursion
hatte ich die Möglichkeit das 1995 eröffnete Aquarium in Kapstadt
zu besuchen. Etwas größer als das berühmte Darling Harbour
in Sydney, ist es das größte Aquarium der südlichen Hemisphäre.
„Natürlich gibt es noch größere Aquarien auf der Welt.
Aber dieses hier ist auf seine Weise einzigartig", betont der Meeresbiologe
und Direktor LEX FEARHEAD. Die Besonderheit der Exposition liegt am Zusammentreffen
von Atlantik und Indischem Ozean vor der Kaphalbinsel, denn hier ist die
Unterwasservielfalt besonders beeindruckend. Nach eigenen Aussagen der
Betreiber geht es darum Verständnis für die Vielfalt zu wecken
und komplexe Zusammenhänge aufzuzeigen. Ein hoher Anspruch.
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Aus dem Eingangsbereich tritt
man in einen völlig verdunkelten Raum, der nur mit zwei großen,
im stumpfen Winkel aufeinander zulaufenden
Projektionsflächen
ausgestattet ist. Ständig werden hier parallel zwei Videoanimationen
präsentiert, die in beeindruckender Art und Weise die Besonderheiten
der beiden Weltmeere herausstellen – die Artenfülle des Indik, mit
relativ geringen Individuenzahlen und die „Artenarmut“ des Atlantik mit
ungeheuer vielen Vertretern weniger Arten.
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Beide Aussagen werden anhand
geographischer, geologischer und hydrologischer Fakten belegt und begründet.
Kommentar und Bilder sind so gut aufeinander abgestimmt, dass Grundkenntnisse
in der englischen Sprache zum Verständnis ausreichen. Schon allein
diese Animation lohnt den Besuch. Den Autoren der Filme ist es gelungen
in „fließenden Übergängen“ ihr Anliegen dem Betrachter
deutlich zu machen. Der folgende Gang durch das Aquarium wird gleichsam
vorgezeichnet. Die erste Abteilung ist den Arten des Indik gewidmet. In
den Aquarien wird dem Besucher die Formenvielfalt tropischer Meere nahegebracht
und eine Vielzahl von Korallenfischen nebst zugehörigen Korallen,
Schecken und Krustentieren präsentiert. Um es vorweg zu nehmen, sowohl
Aquarien als auch Tiere und Pflanzen befinden sich in einem hervorragenden
Pflegezustand. Die nächste Abteilung zeigt dann die charakteristischen
Lebensformen des Atlantik. Hier überwiegen die Heringsartigen, die
in großen Schwärmen durch die Becken ziehen.
Für mich ganz besonders
beeindruckend war die „Diversity Hall“, in der die verschiedenen Körper-
und Lebensformen der Meeresbewohner am lebenden Objekt demonstriert werden.
Ich habe noch nie eine so umfangreiche Sammlung lebender Wirbelloser gesehen.
Neben gewöhnlichen Kraken (Octopus vulgaris) und bizarr anmutenden
Tiefseekrabben und anderen Crustaceen werden auch Quallen und deren Entwicklungsstadien
dem Besucher nahegebracht. Methodisch hervorragend aufgebaut ist die in
die „Diversity Hall“ integrierte mikroskopischen Abteilung. Hier werden
per Video Mikroaufnahmen lebender Kleinkrebse, oder wie bei unserem Besuch,
Quallenpolypen auf einen Großbildschirm projiziert. Der verantwortliche
Mitarbeiter beantwortet Fragen zur Biologie der jeweils dargestellten Objekte.
In kleineren Aquarien kann man zum Größenvergleich dann die
Tiere beobachten und die Entwicklung von der Larve zum adulten Organismus
verfolgen. Am meisten hat mich allerdings ein Octopus fasziniert, der an
der senkrechten Frontscheibe empor kroch, so dass man die Funktion jedes
einzelnen Saugnapfes seiner Fangarme en detail verfolgen konnte.
Der sich an die „Diversity
Hall“ anschließende „Touch Pool“, lax „Grabbel-Becken“, ist mit Sicherheit
nicht nur für die kleinen Besucher des „Two Oceans“ ein Erlebnis besonderer
Art. Hier kann man unterschiedliche Arten Wirbelloser im wahrsten Sinne
des Wortes begreifen. In einem wasserlosen Kanal findet der Besucher die
Gehäuse unterschiedlicher Weichtiere und kann anhand der äußeren
Form die jeweilige Familie oder Art erraten. Eine Mitarbeiterin des Aquarium
erläutert die Besonderheiten der ausgestellten Exponate und gibt selbst
zu ausgefallenen Fragen Antwort. Auch während des weiteren Rundganges
fiel mir immer wieder die Kompetenz und das Entgegenkommen der Angestellten
auf. Ich wurde wie ein gern gesehener Gast behandelt.
Vom „Touchpool“ aus hat
man die Möglichkeit entweder die „Geschichte des Wassers“ oder die
Kellerräume aufzusuchen. Letztere enthalten eine knapp zehn Meter
lange Glasfront, durch die man Südafrikanische Pelzrobben und Brillenpinguine,
beide Arten kommen an der Kaphalbinsel vor, beim Tauchen beobachten kann.
Hier hatte ich ein Erlebnis ganz besonderer Art. Kurz nach meiner Ankunft
kam eine Gruppe von zwanzig etwa fünf- bis sechsjähriger Kinder.
Ich nahm an, dass nun die Ruhe für die Beobachtung vorbei wäre,
da begann die Führerin der Gruppe mit einer derartig spannenden Geschichte
über tauchende Landlebewesen, dass es nicht nur den Kleinen die Sprache
verschlug. Ich wünschte mir für unsere Zoos und Aquarien auch
solche Betreuer. Im Nachhinein erfuhr ich dann, dass es eine „pädagogische“
Abteilung gibt, die ausschließlich mit Führungen befasst ist.
Ein ganzes Stockwerk des
Gebäudes ist dem Kreislauf des Wassers gewidmet – „Story of Water“
nennt sich diese fünfte Abteilung. Auf dem Weg dorthin vermittelt
ein überdimensionales Wandgemälde den Wasserkreislauf der Erde.
Im Eingangsbereich wird dem Besucher die Bedeutung des Wassers für
den Menschen, vom lebensnotwendigen Getränk, der Toilette über
die Küche, bis zur Industrie verdeutlicht. Anschließend wird
in sehr komprimierter Form der Weg des Wassers vom Regenfall in den Bergen,
über die Bäche und Flüsse, bis zum Meer nachvollzogen und
die jeweils typische Flora und Fauna exemplarisch vorgestellt. Man „wandelt“
durch Bergregionen mit Quellen und Bächen, wird mit Fauna und Flora
der Flüsse konfrontiert, bis man schließlich in die Mündungsgebiete
der Ströme gelangt und schließlich wieder in den Weltmeeren
endet – technisch und in der Darstellungsweise ist diese Abteilung eine
Meisterleistung.
Zwei große Aquarien,
eines mit einem Volumen von 800.000 Litern und ein zweites mit 2.000.000
Litern bilden ohne Frage das Kernstück des „Two Oceans“. Beide Becken
kann man auf drei verschiedenen Ebenen umlaufen, wobei die untere, auf
der man durch Tunnel die Becken unterquert, einen ganz besonderen Reiz
ausübt. Da die Becken nach oben lediglich mit einem Glasdach abschließen
und das gebrochene Sonnenlicht die unterschiedlichsten Schattenspiele verursacht,
hat man tatsächlich den Eindruck, auf dem Meeresboden entlang zu laufen.
„Kelp Forest“ – Tangwald,
ist das Thema des ersten Beckens. Anmutige, sechs bis acht Meter hohe Braunalgen
dominieren die Gestaltung.
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Dazwischen kann man eine Fülle
der typischen Vertreter dieses Lebensraumes bewundern. Das Bild, das sich
durch die acht mal fünf Meter große Frontscheibe bietet, ändert
sich ständig. Es fällt schwer sich von diesem „dynamischen“ Anblick
loszureißen.
Noch gewaltiger sind die
Ausmaße des Prädatorenbeckens, das den großen Meeresräubern
vorbehalten ist. Vor der riesigen Frontscheibe hat man bis auf fünf
Meter Höhe im Halbrund Sitzterrassen eingebaut, die die ungehinderte
Beobachtung ermöglichen. Die „Stars“ dieses, zwei Millionen Liter
fassenden Beckens sind unzweifelhaft die Braunhaie, die unermüdlich
ihre Runden ziehen.
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Die letzte Abteilung des „Two
Oceans“ ist ausschließlich der Geschichte der Erforschung und Biologie
der Quastenflosser (Latimeria chalumnae) gewidmet. Die ersten Exemplare
dieser urtümlichen Fische wurden schließlich vor der südostafrikanischen
Küste entdeckt und von John L.B. Smith, einem bekannten südafrikanischen
Ichthyologen, beschrieben.
Wenn Sie einmal Kapstadt
besuchen, dann sollten Sie wenigstens einen halben Tag für das „Two
Oceans“ reservieren. Sie können es gar nicht verfehlen, denn es befindet
sich auf dem Gelände der Victoria & Alfred Waterfront, „dem“ Touristenzentrum
Kapstadts schlechthin.
Im Vorfeld können Sie
sich auch über das Vortrags- oder Ausstellungsprogramm informieren,
denn die Internetseiten des Aquariums werden ständig aktualisiert
(http://www.aquarium.co.za).
(c) Jan Robel (auf Korallenriff.de;
Juli 2001)