Rote Cyanobakterien im Meerwasseraquarium
und die Auswirkungen von dem Mittel ChemiClean aus den USA

Etwa im April diesen Jahres wurde ein neues MIttel vorgestellt das gegen rote Cyanobakterien helfen soll. Cyanobakterien sind neben Dinoflagellaten die wohl meist gehassten Plagen im Meerwasseraquarium was uns sicher viele Aquarianer bestätigen können. Der Grund ist ganz einfach: Es gibt nicht viel was man machen kann. Die nachfolgenden Bilder sind aus unserer Anlage. Ja auch wir haben ab und an mit den roten Belägen zu kämpfen.


Typische rote Cyanobakterien wie sie immer mal auftreten.

Das neue Mittel nennt sich Chemie Clean und stammt von de Fa. Boyd Enterprises aus den USA.

Es gibt nicht viele wirksame Mittel im Handel gegen Cyanobakterien. Uns sind nur das Algenmittel von Preis und das Anti Red von Aqua Medic bekannt, können aber über die Wirkung im großen nicht viel sagen. Was allerdings schon lange bekannt ist, ist das einige Antibiotika bei Bakterien helfen können. Hier ist vor allem das Mittel Chloramphenicol zu nennen das in Aquarianerkreisen sehr wohl bekannt ist. Mittlerweile ist es nur noch schwer zu bekommen, eigentlich nur noch auf Rezept. Warum das so ist, kann man hier nachlesen.
Natürlich gab und gibt es Händler die es noch an Aquarianer weitergeben. Es war früher gang und gäbe und einfach zu bekommen. Wichtig ist hierbei der Hinweis wie man damit umgeht vor allem um es nach einer möglichen Anwendung zu neutralisieren.


ChemiClean - Red Slime Remover von Boyd Enterprises

Natürlich war auch unser Interesse an dem neuen Mittel sehr groß. Denn wir werden oft gefragt was bei Plagen zu tun ist. Es wäre toll ein Mittel zu haben das man ohne Bedenken empfehlen kann. Nach den ersten Meldungen der Anwender von ChemiClean bescheinigten viele einen Erfolg.

Auf Nachfragen ob denn ein Antibiotikum in dem Mittel ist, gab der Vertreiber nach Rücksprache zum Hersteller an, das keines darin enthalten sei. Auch wurde angegeben das die Bakterienfauna nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Auf der Packung liest man zudem den Hinweis: contains no phosphate, algicide or erythromycin succinate
 
O-ton Auszug aus einem Internetforum:

"We cannot supply the exact ingredients as Chemi-clean is a closely guarded secret within the company. We do not have to file any registration for it with the EPA as it isn't a pesticide of any kind and it does not directly kill any micro fauna. It works by 'cleaning' the aquarium. The EPA has approved our packaging and label for what it says and has classified as it a non pesticide. If you have some difficulty with the law in Germany we could probably provide you a copy of the letter from the EPA here in the US to present to the proper German authorities so they can do the same themselves."

chemi-clean enthält weder pestizide noch antibiotika. die wirkung besteht auch nicht direkt im abtöten sondern es ist eher eine art "verdampfen" wenn ich die bisherigen artikel richtig deute."

Da es eben bekannt ist das bei roten Cyanos oft nur ein Antibiotika hilft hegten wir aber hier erste Zweifel. Antibiotika ist in Deutschland aus verschiedenen Gründen Rezeptpflichtig und muss von einem Arzt verschrieben werden. So hat Harald Mülder einen Test gemacht der bei Kühen nach der Behandlung mit Antibiotikum Anwendung findet. So kann man erfahren ob die Kuh wieder Milch geben darf oder nicht.

Original von Harald Mülder, unserem Forumtierarzt:
 
In der Praxis haben wir Hemmsofftests um kleinste Spuren von Hemmstoffen in der Milch nach zu weisen. Die Nachweisgrenze ist ausgesprochen fein und somit ist der Test sehr empfindlich. Ich habe ein Krümelchen in 100 ml Milch gelöst und diese Milch getestet. Das Ergebnis war sehr eindeutig...die darin enthaltenen Bakterien konnten in der Bebrütungsdauer das Eisensulfid nicht spalten und waren demzufolge in ihrem Stoffwechsel stark gehemmt. Eine Blindprobe war eindeutig Hemmstoff frei. Nun kann man durch diesen Test nicht sagen welcher Hemmstoff enthalten ist, es können auch desinfektionsmittel Reinigungsmittel Wasserstoffperoxyde und so weiter sein. Die geringe Menge jedoch weist auf ein Hemmstoff (Antibiotika ) hin. Ich denke ich werde die Probe zur weiteren Untersuchung ins Labor geben.

Viele Grüsse
Harald

Das war kurz nach der Markteinführung des Mittel gegen Ende April.


Nachfolgend finden Sie den Text des Vertreibers, den die meisten Online-Shops auch so übernommen hatten.


 

Über das Labor www.eurofins.de wurde im August von uns eine Laboruntersuchung von ChemiClean beantragt. Das Ergebnis kam Ende August.

Das Ergebnis war dann wie befürchtet:
Es ist sehr wohl Antibiotika in dem Mittel ChemiClean enthalten, und zwar laut Analyse des Labors genau 320 mg/KG.  Es handelt sich um eine Physikalisch-chemische Untersuchung. (LC-MS/MS) Prüfberichtsnummer: AR-06-JJ-076115-01 und Probenummer: 703-2006-00076098
Beginn Untersuchung  07.08.2006
Ende   Untersuchung   30.08.2006

Dieses Antibiotika das im Labor gefunden wurde heisst Erythromycin. Dies ist ein sehr günstiges Breibandantibiotikum das im Centbereich angesiedelt ist.
 

Zitat Wikipedia:
Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Erythromycin
Erythromycin ist ein Makrolid-Antibiotikum mit einem weiten Spektrum gegen grampositive Keime (Streptokokken, Staphylokokken) und Anaerobier (P. acnes, Corynebacterien). Bei Erythromycin handelt es sich um die Leitsubstanz der Makrolidantibiotika, welche am häufigsten eingesetzt wird.  Die Behandlung mit dem Wirkstoff Erythromycin erfolgt in der Regel aber nicht sehr lang (wenige Wochen), denn entweder ist die Kur erfolgreich oder die Erreger sind nach dieser Zeit resistent. In beiden Fällen ist die weitere Behandlung natürlich nicht sinnvoll.

Hauptgruppe:  Antibiotikum
1. Untergruppe:  Makrolidantibiotikum
2. Untergruppe:  Translokasehemmer

Es handelt sich dabei um ein Rezeptpflichtiges / Verschreibungspflichtiges Medikament!
 

Nun fragen sich bestimmt einige, wozu die ganze Aufregung...?

Worüber sich vermutlich kaum jemand - im ersten Moment sicher nicht - Gedanken macht sind einige Punkte, weshalb man auch nicht so einfach Antibiotikum bekommt. Wir Aquarianer wenden das Mittel an und wissen nicht das Antibiotikum enthalten ist. Wir wechseln Wasser und das in der heutigen Zeit sicher nicht zu knapp. Noch dazu gibt der Hersteller ja einen 20% Wasserwechsel nach der Zugabe an. Dieses Wasser mit dem Antibiotikum gelangt in das Abwasser.

Des weiteren darf man nicht vergessen das mittlerweile genug Aquarianer Korallen an den Handel verkaufen, oder von Privat an Privat weitergeben. Auch damit wird das Antibiotikum - durch das Wasser - weiter verbreitet, auch ohne das Wissen der Anwender. Dabei wäre es so einfach. Wenn sie den oberen Link zu dem Chloramphenicolartikel lesen, dort steht wie man Antibiotika neutralisieren kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die beschriebene schnell eintretende Resistenz. Es kann gut sein das man bei einer weiteren Anwendung, zum Beispiel wegen Vibrionen, keine Erfolge mehr erzielen kann. Einfach weil die Bakterien mittlerweile resistent gegen den Wirkstoff sind. Sie haben sich an den Wirkstoff gewöhnt. Wir möchten mit diesem Artikel vor der Verwendung bzw. Anwendung im Aquarium warnen. Sicherlich hilft es, aber das tun andere Antibiotika auch. Nur dann weiß man wenigstens was drin ist und kann entsprechende Vorsichtmaßnahmen ergreifen.

Der deutsche Vertreiber des Mittels ChemiClean hat nach Bekanntwerden der Laboranalyse sofort zugesichert das Mittel vom deutschen Markt zu nehmen.

Das ist eine angemessene Reaktion wie wir finden.  Wir glauben nicht das man den Vertreiber hier Schuld geben kann. Besser kann man gar nicht reagieren und das Mittel sofort vom Markt nehmen. Man sollte immer Vorsicht walten lassen, egal welche Mittelchen man verwendet, zumindest dann wenn es einfache Problemlöser sein sollen. Den Rest kann man sich selber denken: Die Angabe des Hersteller Boyd über das was nicht drin ist, und dem was das Labor gefunden hat.
 
 

Manuela Kruppas und Robert Baur-Kruppas
archiv.korallenriff.de - September 2006


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